Österreichs Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) provozierte mit der These, „dass das Recht der Politik zu folgen hat, und nicht die Politik dem Recht“. Nicht nur Medien und Opposition, auch Bundespräsident und Kanzler widersprachen. Doch Worte und Widerworte hingen in einem rechtspositivistischen Verständnis fest, das die Rechtstradition der Republik Österreich geprägt hat – im Gegensatz zum deutschen Grundgesetz.
Auch Staaten können auf das Niveau krimineller Organisationen herabsinken
Der heilige Augustinus stellte diese zeitlos gültige Frage: „Was anderes sind Reiche, wenn ihnen Gerechtigkeit fehlt, als große Räuberbanden? Sind doch auch Räuberbanden nichts anderes als kleine Reiche.“ Tatsächlich sind Räuberbanden, mafiose Systeme, kriminelle Organisationen und Tyranneien von Gruppen- und Einzelinteressen, Ideen und Zielen, Machtbewusstsein oder Habgier geleitete, zumeist geordnete Gemeinschaften. Die Gefahr, dass Staaten auf das Niveau eines solchen „latrociniums“ herabsinken, ist überaus real.
Papst Benedikt XVI. hat in seiner Rede im Deutschen Bundestag 2011 eine Wegweisung gegeben, die auch in Wien gehört werden sollte: „Dem Recht zu dienen und der Herrschaft des Unrechts zu wehren ist und bleibt die grundlegende Aufgabe des Politikers.“ Damit meinte der Papst nicht die Summe bestehender Gesetze, sondern die an der Gerechtigkeit orientierte Ordnung. Das, woran eine Inschrift aus kaiserlicher Zeit auf dem Wiener Heldentor, nur einen Steinwurf vom österreichischen Innenministerium entfernt, mahnend erinnert: „Iustitia Fundamentum Regnorum“.
Das Recht muss stets Fundament der Herrschaft sein
Wo das Recht nicht mehr Fundament der Herrschaft ist, wo Politik sich nicht mehr im Dienst der Gerechtigkeit wähnt, sondern die Rechtssetzung der Machbarkeit aktueller Mehrheiten völlig anheimgibt, ist der Verfall des Rechtsstaates zur Räuberbande in Reichweite.
DT/sb
Warum es die grundlegende Aufgabe eines jeden Politikers ist und bleibt, dem Recht zu dienen, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 31. Januar.