Daniyel Demir, der Vorsitzende des Bundesverbands der Aramäer, übt deutliche Kritik am türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Demir sieht in ihm ein „Hybrid aus einem nationalistischen Atatürk und den religiös-fundamentalistischen Kalifen“. Im Gespräch mit der katholischen Zeitung „Die Tagespost“ erklärt Demir, dass Erdogan den Prozess der massiven Re-Islamisierung weitergehen werde. „Er wird die Eskalationsspirale weiterdrehen und die Türkei stärker in eine mono-religiöse und mono-ethnische Gesellschaft führen.“
Demir sieht den türkischen Präsidenten in einem Prozess des Machterhalts, dessen Dynamik er nur durch ständige Eskalation mit Hilfe von Fanatisierung, Nationalismus, Abgrenzung und Ausgrenzung kontrollieren könne. „Ich fürchte, er hat einen ,Point of No Return' überschritten, von dem an kein Preis für den Machterhalt zu hoch wäre.“ Erdogan könne nicht mehr zu rechtsstaatlichen Prinzipien und Prozessen zurückkehren, so der Vorsitzende des Bundesverbands der Aramäer. „Erdogan kann heute in der Türkei nach Belieben schalten und walten. Es gibt nichts und niemanden mehr, der ihn einschränken könnte.“
Zudem erklärt Demir, dass das Volk der Aramäer eine durch Jahrhunderte der Erfahrung unter osmanischer Herrschaft entwickelte und geschärfte Skepsis gegenüber türkischen Ankündigungen und Versprechungen habe. Anfangs habe die AKP-Regierung zwar einen gewissen Optimismus vermittelt, „dass sich das System der zementierten Benachteiligungen endlich lösen könnte“. Heute müsse man jedoch feststellen, dass die Skeptiker Recht behielten. „Was haben wir erreicht? Gar nichts!“, beklagt Demir. Doch die Aramäer lehnten bis heute nicht die Republik Türkei ab, sondern eine auf Türkentum und Islam reduzierte Türkei.
Das ausführliche Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 21. Juni.
DT