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Venezuela: Kirche erkennt Verfassunggebende Versammlung nicht an

Die Bischöfe kritisieren den Versuch Maduros, die Präsidentschaftswahlen im Schnellverfahren durchzuziehen.
Präsidentschaftswahl in Venezuela wird vorgezogen
Foto: Marcelo_Garcia (Prensa Miraflores)

Plötzlich soll alles ganz schnell gehen: Die umstrittene Verfassunggebende Versammlung hat einen Termin für die Präsidentschaftswahlen festgelegt. Bis Ende April soll der Urnengang über die Bühne gehen. Die regierenden Sozialisten der PUSV schicken Amtsinhaber Nicolas Maduro ins Rennen. Die Opposition ist konsterniert.

Es bleibe überhaupt keine Zeit für Vorwahlen, um einen eigenen Kandidaten zu bestimmen, kritisiert Henrique Capriles, der bei den vergangenen beiden Wahlen erst dem inzwischen verstorbenen Hugo Chavez und dann dessen politischem Ziehsohn Nicolas Maduro unterlegen war.

Die Wahl von 2013 ist bis heute umstritten. Die Opposition sammelte nach eigenen Angaben mehr als 3.000 Belege für Wahlmanipulationen - die allerdings nie unabhängig überprüft wurden. Bis heute haftet Maduros hauchdünnem Sieg im Frühjahr 2013 dieser Makel an. Und er ist eine Ursache für die schwere innenpolitische Krise, die sich seit damals entwickelte.

Schon bald nachdem die Verfassunggebende Versammlung das neue Datum für die Präsidentschaftswahlen durchgab - also spätestens bis Ende April -, meldete sich auch Venezuelas Bischofskonferenz zu Wort. Die internationale Gemeinschaft habe ihre klare Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass das Vorgehen der Regierung nicht akzeptabel sei, so die Bischöfe. Zunächst müsse ein Konsens zwischen den verschiedenen Gruppen der Gesellschaft gefunden werden. Inmitten einer solchen Krise Wahlen auszurufen, sei aus ethischen und humanitären Gründen der falsche Weg.

Die Bischöfe stellen auch grundsätzlich die Legitimität des Verfassungskonvents überhaupt in Frage. Die Verfassunggebende Versammlung sei "verfassungswidrig und illegitim in ihrer Entstehung und Amtsausübung". Kurz: Wenn schon das Instrument, das Hals über Kopf Wahlen ausruft, illegal ist, dann kann auch der Urnengang nicht legal sein.

Maduro hatte die Verfassungsgebende Versammlung 2017 eingesetzt, um das Parlament zu entmachten. Das Wahlvolk hatte der Opposition zuvor bei den Parlamentswahlen 2015 als Reaktion auf die katastrophale Versorgungslage, auf Korruption und Kriminalität zu einer klaren Mehrheit in der Volksvertretung verholfen - die allerdings inzwischen völlig machtlos ist. Sie wurde durch die Verfassungsgebende Versammlung abgelöst, die ausschließlich mit Regierungsanhängern besetzt ist.

Die Opposition steht nun vor dem Dilemma, binnen kürzester Zeit einen gemeinsamen Kandidaten zu finden, der nicht mit Berufsverbot belegt, inhaftiert oder ins Ausland geflüchtet ist. Die Oppositionspolitikerin Maria Corina Machado rief ihre Landsleute auf, die Regierung durch organisierten Druck, Widerstand und zivilen Ungehorsam zu stürzen.

Derweil setzt sich die Flucht aus dem Land weiter fort. In den grenznahen kolumbianischen Städten Cucuta und Bucaramanga kam es zuletzt zu Ausschreitungen. Bilder von den Grenzübergängen zeigen lange Schlangen von Venezolanern, die ihre Heimat verlassen wollen. Nach offiziellen Angaben stieg die Zahl der in Kolumbien lebenden Venezolaner auf mehr als 600.000 an; wie viele sich illegal dort aufhalten, ist nicht bekannt. Und auch im Grenzgebiet zu Brasilien steigt die Zahl der Flüchtlinge.

KNA - Tobias Käufer / jbj

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