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UK: Höchstgericht erleichtert Lebensende für Patienten

Das Oberste Gericht hat entschieden, dass Patienten in dauerhaft vegetativem Zustand ohne gerichtliche Erlaubnis die Versorgung mit Nahrung und Flüssigkeit entzogen werden kann. Ein Londoner Weihbischof kritisiert das deutlich.
UK: Oberstes Gericht urteilt zu Patienten in vegetativem Zustand
Foto: Karl-Josef Hildenbrand (dpa) | Einem Patienten Nahrungsmittel und Flüssigkeit zu entziehen sei moralisch falsch, meint der Weihbischof von Westminster, John Wilson.

In Großbritannien brauchen Ärzte in Zukunft keine gerichtliche Erlaubnis mehr, um die Versorgung von Patienten in vegetativem Zustand mit Nahrungsmitteln und Flüssigkeit zu beenden. Dies entschied der britische Oberste Gerichtshof in einem aktuellen Urteil. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Flüssigkeit könne eingestellt werden, so das Gericht, wenn Ärzte und Angehörige der Ansicht sind, dass der Tod des Patienten in dessen „besten Interesse“ sei.

Weihbischof von Westminster: moralisches Fehlverhalten

John Wilson, Weihbischof von Westminster, kritisierte die Gerichtsentscheidung deutlich. Einem Patienten Nahrungsmittel und Flüssigkeit zu entziehen sei moralisch falsch. Bei der künstlichen Versorgung eines Patienten mit Nahrungsmitteln und Flüssigkeit handele es sich nicht um eine Therapie, so Weihbischof Wilson.

„Egal in welcher Form sie zugeführt werden, erfüllen Nahrungsmittel und Wasser für eine Person in dauerhaft vegetativem Zustand denselben Zweck wie für jede andere Person auch. Sie halten sie als Teil einer Grundversorgung am Leben. Sie verhindern den Tod durch Unterernährung und Dehydrieren“, äußerte sich Wilson.

Absichtlich herbeigeführter Tod "nicht im besten Interesse"

Bislang mussten Angehörige vor Gericht ziehen, um eine Entfernung der Nahrungsmittelsonde durchzusetzen. Der Prozess kostete die Gesundheitsbehörden laut Medienberichten im Schnitt 50 000 Pfund (rund 56 000 Euro) an Anwaltsgebühren und konnte Monate oder Jahre dauern.

Patienten in dauerhaft vegetativem Zustand gehörten zu den verletzlichsten Mitgliedern der Gesellschaft, so der Weihbischof weiter. „Es ist kein Akt der Barmherzigkeit, ihnen Nahrung und Flüssigkeit zu verweigern, um so ihren Tod herbeizuführen.“ Zudem könne es auch nicht im besten Interesse eines Patienten sein, dass sein Leben absichtlich beendet wird - „egal, in welchem Bewusstseinszustand“.

"Test für Menschlichkeit und Solidarität"

Die Pflege von Menschen in solchen Situationen sei ein Test für die Menschlichkeit und Solidarität „mit den schwächsten Brüdern und Schwestern“. Weihbischof Wilson wies auf ein Dokument der englischen und walisischen Bischöfe aus dem Jahr 2004 hin, in dem sie den Entzug von Nahrung und Flüssigkeit bereits als „passive Euthanasie“ bezeichneten.

Befürworter des Gerichtsurteils hingegen argumentierten, dass man Angehörigen „in einer tragischen Situation“ helfe und ihnen künftig „ein qualvolles Warten“ erspare. Schätzungen zufolge soll das Urteil Auswirkungen auf jährlich 1 500 neue Fälle von Wachkoma-Patienten haben.

DT/mlu

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