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Notre-Dame: Experten warnen vor überstürztem Wiederaufbau

„Nehmen wir uns die Zeit zur Diagnose, nehmen wir uns die Zeit, um den richtigen Weg zu finden“, heißt es in einem Appell an Frankreichs Präsident Macron. Unterzeichnet wurde dieser von mehr als 1 000 Architekten, Konservatoren und Kultur-Experten.
Nach dem Brand der Kathedrale Notre-Dame
Foto: Michel Euler (AP) | Jüngst verabschiedete der Ministerrat den Entwurf eines Notstandsgesetzes, das es erlauben würde, die Schutzbestimmungen für die Restaurierung eines Kulturerbes auszusetzen.

Vor einem überstürzten Wiederaufbau der Pariser Kathedrale Notre-Dame haben mehr als 1000 Experten in einem Appell an Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron gewarnt. „Nehmen wir uns die Zeit zur Diagnose, nehmen wir uns die Zeit, um den richtigen Weg zu finden“, heißt es in dem Beitrag, den die französische Tageszeitung „Le Figaro“ veröffentlichte. Unterzeichnet ist er von 1 170 Konservatoren, Architekten, Professoren und Kulturerbe-Experten.

Ressourcen erlauben es, die Kathedrale in ihrer ganzen Würde wiederaufzubauen

Frankreich könne auf Experten zurückgreifen, die zu den besten der Welt gehörten. Auf ihr Fachwissen sollte man hören, so die Autoren des Aufrufs an Macron. Danach könne man auch einen Zeitplan zum Wiederaufbau entwerfen. „Lassen Sie uns eine ambitionierte Zeitspanne für einen beispiellosen Wiederaufbau festlegen – nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für zukünftige Generationen“, heißt es weiter.

Die Ressourcen, auf die das Land zurückgreifen könne, sowohl materiell wie immateriell, erlaubten es, die Kathedrale in ihrer ganzen Würde wieder herzustellen. Um dies zu erreichen, sei jedoch nicht nur eine architektonische Leistung vonnöten, „sondern Millionen von Gesten, bescheiden und fachkundig, geleitet von Fachwissen und Sachkenntnis“.

Kritik an Kürzung staatlicher Mittel zum Denkmalschutz

Darüber hinaus betonen die Unterzeichner den hohen Stellenwert, den die Kathedrale von Notre-Dame für Paris, Frankreich und die ganze Welt besitze und kritisieren, dass staatliche Mittel zum Denkmalschutz in den vergangenen Jahren immer wieder gekürzt worden seien. Notwendige Restaurierungsarbeiten an der Kathedrale, wie sie vor dem Brand stattgefunden hatten, seien daher ohne richtige Planung verrichtet worden.

Nach dem verheerenden Brand der Pariser Kathedrale vor zwei Wochen hatte Emmanuel Macron angekündigt, das berühmte Gotteshaus innerhalb von fünf Jahren wieder aufbauen zu wollen. „Wir sind ein Volk von Baumeistern“, erklärte der Präsident. „Ja, wir werden die Kathedrale von Notre-Dame wieder aufbauen, schöner als zuvor.“

Notstandsgesetz erlaubt, Schutzbestimmungen für Restaurierungen auszusetzen

Jüngst war dazu vom Ministerrat der Entwurf eines Notstandsgesetzes verabschiedet worden, das es erlauben würde, die Schutzbestimmungen für die Restaurierung eines Kulturerbes auszusetzen. Diese Entscheidung sorgte bei Fachleuten weltweit für „tiefe Besorgnis“.

Kurioser Vorschlag: Dach der Kathedrale soll zum Gewächshaus werden

Indes sorgt ein fragwürdiger Vorschlag französischer Architekten zum Wiederaufbau des Daches für Furore: Das Architektenbüro NAB hat Pläne vorgelegt, das neue Dach in ein riesiges Gewächshaus zu verwandeln. Den Spitzturm aus dem 19. Jahrhundert, der den Flammen vollständig zum Opfer fiel, soll nach den Vorstellungen des Büros ein Bienenhaus ersetzen. So wolle man die Neugestaltung der Kathedrale als Frage der ökologischen, bildenden und sozialen Integration auffassen.

Das Architektenbüro NAB machte den kuriosen Vorschlag publik, nachdem der französische Premierminister Edouard Philippe einen "internationalen Architekturwettbewerb" zum Wiederaufbau von Notre-Dame angeregt hatte.

DT/mlu

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