In Nordirland könnte es bald zu einer Liberalisierung des Abtreibungsgesetzes kommen. Die Abgeordneten des britischen Unterhauses stimmten jüngst für einen Zusatz zu einem Gesetzesentwurf, der Abtreibungen in dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Land legalisieren würde, sollte das nordirische Parlament nicht bis Ende Oktober wieder zusammenkommen.
Nordirisches Parlament muss bis Ende Oktober zusammenfinden
Das Parlament, die „Northern Ireland Assembly“, ist derzeit suspendiert. Aufgrund der schweren religiösen Konflikte in den vergangenen Jahrzehnten ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass zu ausgewogenen Teilen protestantische und katholische Politiker vertreten sind. Seit dem Rücktritt des ehemaligen „First Minister“ Martin McGuinness ist das Land jedoch ohne Regierung.
Das britische Parlament in Westminster, das auch über Nordirland legislative Kompetenz hat, versuchte seitdem immer wieder, eine handlungsfähige Exekutive in Nordirland zu etablieren. Auch der nun verabschiedete „Northern Ireland Bill“, der eben auch die Legalisierung von Abtreibung in Nordirland vorsieht, ist Teil einer solchen Versuchs. Kommt das nordirische Parlament bis Ende Oktober wieder zusammen, könnte es die Klausel aber wieder rückgängig machen.
Abtreibungen nur erlaubt, wenn Gesundheit der Mutter in Gefahr ist
In Nordirland sind Abtreibungen nur erlaubt, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist, oder das Risiko besteht, dass deren psychische oder körperliche Gesundheit ernsthaft beeinträchtigt sein könnte. Im Juni vergangenen Jahres hatte der britische Supreme Court geurteilt, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu Abtreibung nicht mit den Menschenrechten in Einklang seien, da sie Abtreibungen auch in Fällen von Missbrauch, Inzest und Anomalien des Fötus nicht erlaubten.
"Das nordirische Volk und dessen gewählte
Vertreter sollten über die Gesetze zu
diesem Thema entscheiden, nicht
die Abgeordneten in Westminster“
Lebensschutz-Organisation "Right to Life UK"
Britische Lebensschützer kritisierten den Gesetzesentwurf, der von der Labour-Abgeordneten Clare McCarthy eingebracht worden war. Eine Sprecherin der Lebensrechts-Organisation „Right to Life UK“ erklärte, der Zusatz sei „verfassungswidrig“ und ein respektloser Versuch, die eigenständige legislative Kompetenz Nordirlands - unter dem Begriff „devolution“ bekannt - auszuhöhlen. „Das nordirische Volk und dessen gewählte Vertreter sollten über die Gesetze zu diesem Thema entscheiden, nicht die Abgeordneten in Westminster“, so die Sprecherin. Die nordirische Lobbygruppe „Both Lives Matter“ sprach von einem „traurigen Tag für Nordirland“.
DT/mlu
Die Hintergründe zu diesem Thema finden Sie in der Wochenausgabe der Tagespost.