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Kirchliches Arbeitsrecht: Düsseldorfer Urteil keine Überraschung

Dem Chefarzt einer katholischen Klinik wird nach Wiederheirat gekündigt. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, dass die Kündigung gegen Europäisches Recht verstößt, stellt für den Rechtsanwalt Michael Henn keine Revolution dar.
Gerichtsurteil zum kirchlichen Arbeitsrecht
Foto: Christian Charisius (dpa) | Für die Kirchen blieben beim Arbeitsrecht weiterhin etliche Sonderrechte mit eigenen Tarifverträgen und ähnlichen Gestaltungsmöglichkeiten, so Henn.

Nach beinahe zehn Jahren hat die Auseinandersetzung zwischen dem Chefarzt einer katholischen Klinik in Düsseldorf und seinem Dienstgeber vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts ein Ende gefunden. Für den Rechtsanwalt Michael Henn kommt das Urteil, dass die Kündigung, die der Arzt wegen Wiederheirat nach seiner Scheidung erhalten hatte, gegen Europäisches Recht und das Deutsche Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstößt, nicht überraschend.

Kündigungsentscheidung heute so nicht mehr treffen

Katholische Einrichtungen hätten sich in den vergangenen Jahren bereits umgestellt, so der Präsident des Verbandes Deutscher Arbeitsrechtsanwälte. „Deshalb hat das Erzbistum Köln in seiner Erklärung zu der Gerichtsentscheidung des Bundesarbeitsgerichts auch verlauten lassen, dass sie die damalige Kündigungsentscheidung heute so nicht mehr treffen würden, weil die Vertragsbedingungen inzwischen andere seien“, erklärt Henn im Gespräch mit der „Tagespost“.

Die Entscheidung folge somit einer Entwicklung, die seit Jahren in diese Richtung gehe. „Eine Revolution stellt sich also nicht dar.“ In Zukunft werde es in Einzelentscheidungen allenfalls darum gehen, wo man eine verstärkte Loyalitätspflicht weiterhin verlangen könne, meint der Jurist Henn. Für die Kirche gelte das Gleiche wie für den Unternehmer: „Sie darf weiterhin ein Anforderungsprofil erstellen, allerdings muss ein solches Profil aber legal sein.“

Kein Ende des "Dritten Weges" der Kirchen im Arbeitsrecht

Henn ist auch nicht der Meinung, dass die jüngste Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts das Ende des so genannten „Dritten Weges“ der Kirchen im Arbeitsrecht einläuten werde. „Es bleiben ja weiterhin etliche Sonderrechte mit eigenen Tarifverträgen und ähnlichen Gestaltungsmöglichkeiten.“ Dies werde grundsätzlich nicht angegriffen.

DT

Ob es für Henn mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wenn die Rechte der Kirchen als Körperschaften des Öffentlichen Rechts durch europäische Richtlinien eingeschränkt werden, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 28. Februar 2019.

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