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Katholischer Jurist: Aufhebung von Roe vs. Wade wäre politisches Erdbeben

Der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Diözese von New York, Edward Mechmann, ist der Meinung, dass es nicht das endgültige Ziel von US-Lebensschützerin sein sollte, das Gerichtsurteil „Roe vs. Wade“ aufzuheben.
Richternominierung Kavanaughs lässt Lebensschützer auf Abtreibungsverbot hoffen
Foto: Michael Reynolds (EPA) | Roe vs. Wade aufzuheben würde bedeuten, ein „tief verwurzeltes“ juristisches Argumentationswerk zu verwerfen, meint der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Diözese von New York.

Der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Diözese von New York, Edward Mechmann, ist der Meinung, dass es nicht das endgültige Ziel von US-Lebensschützerin sein sollte, das Gerichtsurteil „Roe vs. Wade“ aufzuheben. Noch bevor US-Präsident Donald Trump den Juristen Brett Kavanaugh für den vakanten Posten am Obersten Gerichtshof nominierte, schrieb Mechmann in einem Blogeintrag, dass der Anhörungsprozess für jeden Kandidaten „von hitziger und wahrscheinlich auch hässlicher Rhetorik“ geprägt sei. Auch religiöse Intoleranz könne in großem Maße zum Vorschein kommen.

Fehlender moralischer Kompass durch Säkularisierung

In seinem Beitrag erklärte der Jurist, dass die fortschreitende Säkularisierung und ein moralischer Relativismus juristische Entscheidungen von den Prinzipien des Naturrechts losgelöst hätten. Ohne diese Basis, so argumentierte Mechmann, fehle der Auslegung der Verfassung ein „moralischer und juristischer Kompass. Die Folge davon sei, dass juristische Prozesse wie auch der Supreme Court an sich zunehmend politisch motiviert akzeptiert würden. Dies hätten die Väter der Verfassung jedoch nie beabsichtigt, so Mechmann.

Kavanaugh will Verfassung wörtlich auslegen

Sollte er vom Senat bestätigt werden, wird sich Brett Kavanaugh wohl dem konservativen Flügel der Obersten US-Richter anschließen. Der 53-jährige Katholik gilt als Verfechter einer wörtlichen Auslegung der Verfassung. Diese Haltung macht sich dann bemerkbar, wenn Richter beurteilen, ob ein Gesetz verfassungskonform ist oder nicht. Anhänger einer „lebendigen Verfassung“ hingegen sind der Meinung, dass die Gesetzesartikel stets im zeitlichen Kontext gelesen werden müssten.

Beobachter gehen davon aus, dass Kavanaugh – sollte er als Richter bestätigt werden – für eine Mehrheit von Juristen am Supreme Court sorgen könnte, die das Urteil Roe vs. Wade aufheben wollen. Die Mehrheitsverhältnisse lägen dann bei 5 zu 4 für eine Änderung der bestehenden Rechtslage. Mechmann wies jedoch darauf hin, dass Kavanaughs Bestätigung nicht zwangsläufig bedeuten müsse, dass das Gerichtsurteil aufgehoben werden könnte.

Aufhebung von Roe vs. Wade nicht ohne Risiken

Bei Roe vs. Wade handele es sich um das Ergebnis zahlreicher Gerichtsurteile in den Jahrzehnten davor, die bis in die 1920er Jahre zurückreichten, so Mechmann. Roe aufzuheben würde bedeuten, ein „tief verwurzeltes“ juristisches Argumentationswerk zu verwerfen. Solch ein „drastischer Schritt“ käme einer politischen Erdbeben gleich, das die Legitimation des Gerichtshofes in den Augen einer großen Zahl von US-Bürgern aushöhlen könnte.

DT/mlu

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