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Jugendämter zwischen Hilfeleistung und großem Ermessensspielraum

Heinrich Wullhorst über Behördenwillkür bei der Inobhutnahme von Kindern. Dazu befragte er die CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel.
Jugendamt. Zwischen Hilfeleistung und immensem Ermessensspielraum
Foto: Arno Burgi (dpa-Zentralbild) | Das Jugendamt zwischen Hilfeleistung und riesigem Ermessensspielraum.

Der Fall der Norwegerin Silje G., der in Polen gemeinsam mit ihrer Tochter politisches Asyl zuerkannt wurde, bewegt die Menschen (die „Tagespost“ berichtete). Sie hatte die wohl begründete Angst, dass ihr die norwegische Kinderschutzbehörde „Barnevernet“ auch ihr zweites Kind wegnehmen würde.

Wie sieht eigentlich die Situation in Deutschland aus?

Welche Rechte haben dort die Jugendämter und in welchem Maße machen sie davon Gebrauch? Die bloßen Zahlen sagen wenig aus über die Schicksale, die dahinterstehen, wenn Kinder aus ihrer Herkunftsfamilie weggenommen werden. Für das Jahr 2017 berichtet das Statistische Bundesamt, dass die Jugendämter in Deutschland rund 61 400 vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (Inobhutnahmen) durchgeführt haben.

Gewährung von Asyl hat Juristen Roth "vom Stuhl gehauen"

Heinrich Michael Roth ist Rechtsanwalt in Bruchköbel. Sein Tätigkeitsschwerpunkt umfasst die Fälle, in denen das Jugendamt den Entzug des Sorgerechts betreibt, Kinder unter Anwendung von Zwangsmaßnahmen aus Familien herausnimmt, sie in Heime oder Pflegefamilien verbringt, oder eine solche Maßnahme beabsichtigt. Die Entscheidung für die Gewährung von Asyl in einem anderen europäischen Land hat den Juristen „vom Stuhl gehauen“. Er findet die Entscheidung aber konsequent, weil sie ein klares Signal gegen das Willkürhandeln von Behörden und Gerichten setzt, das auch in Deutschland anzutreffen sei.

Roth: "Jugendämter machen beim Kinderschutz schnell gravierende Fehler"

„Die gewaltsame Trennung der Kinder von ihren Familien und eine manchmal nicht wieder gut zu machende Traumatisierung und massive psychische Belastung der gesamten Familie ist die Folge“, so der Jurist.  Auch der Imageverlust, den die Wegnahme eines Kindes im eigenen sozialen Umfeld nach sich ziehe, sei vielfach erheblich. Der Tipp des Anwalts: „Wenn Anzeichen dafür bestehen, dass eine Maßnahme des Jugendamtes ungerechtfertigt ist, muss sofort gehandelt und effektiv gegengesteuert werden.“

Sylvia Pantel: "Kinderrechte dürfen nicht gegen Elternrechte ausgespielt werden"

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel meint, dass „Fehlentscheidungen von Jugendämtern und Familiengerichten verhindert werden müssen“. Daher habe sich die CDU/CSU-Fraktion „für die Einrichtung einer unabhängigen Kommission zur Auswertung von Erfahrungen mit der Kinder- und Jugendhilfe und der Familiengerichtsbarkeit ausgesprochen. Es muss eine Anlaufstelle für Eltern, Pflegeeltern und Kinder oder einst betroffene Kinder geben, an die sich auch alle, die mit Kindern arbeiten, wenden können“, so Pantel.

DT (jobo)

Was Eltern im Umgang mit dem Jugendamt unbedingt brauchen und wie die Union die Verhältnismäßigkeit der behördlichen Eingriffe wahren will, erfahren Sie in der Ausgabe der „Tagespost“ vom 10. Januar 2019.

Themen & Autoren
CDU/CSU-Bundestagsfraktion Kinderschutz Michael Roth Sylvia Pantel

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