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Islamischer Staat: „Fernziel ist das Kalifat“

Militärisch ist der IS zwar weithin besiegt. Von ihm geht aber dennoch eine Bedrohung aus. Er bestehe als Terror- und Guerillaorganisation weiter, meint der Politikwissenschaftler Eric Fritzsche.
Zukünftige Bedeutung des IS
Foto: Khalil Dawood (Xinhua) | Für den IS bedeute der Begriff „Staat“ ein festes Herrschaftsgefüge, eine Hierarchie mit sich verschränkenden politischen und religiösen Ämtern, deren Besetzung nicht an bestimmten Personen hänge, so Fritzsche.

Der Politikwissenschaftler Eric Fritzsche warnt davor, den sogenannten „Islamischen Staat“ (IS) nicht mehr als Bedrohung wahrzunehmen. Auch wenn der IS militärisch weithin besiegt sei, bestehe er als Terror- und Guerillaorganisation weiter. Noch wichtiger sei, dass von seinem Staatsbildungsversuch eine starke Vorbildwirkung ausgehe, betont Fritzsche im Gespräch mit der „Tagespost“.

Fritzsche: IS orientiert sich nicht am modernen Staatsbegriff

Es sei jedoch falsch anzunehmen, dass sich der IS am modernen Staatsbegriff orientiere. „Dies zu tun hieße, einem eurozentrisch-gegenwartsfixierten Missverständnis zu erliegen“, so Fritzsche. Für den IS bedeute der Begriff „Staat“ ein festes Herrschaftsgefüge, eine Hierarchie mit sich verschränkenden politischen und religiösen Ämtern, deren Besetzung nicht an bestimmten Personen hänge. „Fernziel ist das Kalifat, der weltumspannende islamische Gottesstaat.“

Für Fritzsche, der an der Technischen Universität Dresden forscht, hat der IS Modellcharakter: „Er bleibt eine Art Prototypus dschihadistischer Staatsbildung, der gewiss Nachahmer findet.“ Für den Aufstieg der Terrororganisation sieht er auch den Westen mitverantwortlich. „Westliche Staaten, allen voran die USA, haben die Lage im Nahen und Mittleren Osten durch wiederholte militärische Interventionen ohne Planung der Folgen nachhaltig desabilisiert“, meint der Politikwissenschaftler. Staatlichkeit im westlichen Sinne sei dort nie so stabil gewesen wie hierzulande.

Gemäßigte Autokraten stabilisieren bestimmte Regionen besser

Fritzsche, der Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Internationale Politik der TU Dresden ist, kommt zu einer weiteren bemerkenswerten Erkenntnis: „Es zeichnet sich ab, dass mit Blick auf den Erhalt der Ordnung im Zweifel gemäßigte Autokraten bestimmte Regionen besser stabilisieren als Demokratisierungsversuche, deren Scheitern zerfallende Staatlichkeit nach sich zieht.“

Lesen Sie im exklusiven Interview in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 16. August, woher der IS sein Geld erhielt, wie sich dessen Erfolg erklären lässt und wie man sich das Milieu vorstellen muss, in dem die islamistische Ideologie greifen konnte.

DT/mlu

Lesen Sie das exklusive Interview über Aufstieg, Fall und die zukünftige Bedeutung des sogenannten "Islamischen Staates" in der aktuellen Ausgabe der "Tagespost" vom 16. August.

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