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Großbritannien: Debatte um Zulassung nicht-religiöser Schüler an konfessionellen Schulen

In einem Brief an den "Daily Telegraph" sprechen sich Kirchenführer, Politiker und Akademiker dagegen aus, dass religiöse Schulen Bewerber hauptsächlich anhand ihres Glaubens auswählen.
Papst zu Staatsbesuch in Großbritannien
Foto: stringer /Pool (epa) | Bisher müssen konfessionelle Schulen in Großbritannien 50 Prozent ihrer Plätze unabhängig vom Glauben der Bewerber vergeben. Das könnte sich bald ändern.

In Großbritannien haben sich 70 Kirchenführer, Politiker und Akademiker dagegen ausgesprochen, dass religiöse Schulen in Zukunft Schüler hauptsächlich anhand ihres Glaubens auswählen. In einem Brief an die Zeitung „Daily Telegraph“ warnen sie davor, eine gesetzliche Regelung aufzuheben, nach der auch an konfessionellen Schulen 50 Prozent der Schüler unabhängig von ihrer religiösen Überzeugung zugelassen werden müssen. Sollte dies doch geschehen, so sei das „schädlich für sozialen Zusammenhalt und Respekt“, heißt es in dem Schreiben. Die sogenannte „Faith School Cap“ war im Jahr 2010 von der Regierung des damaligen Premierministers David Cameron mit dem Ziel eingeführt worden, soziale und religiöse Toleranz zu fördern.

Zu den Unterzeichnern des Briefes gehört auch der ehemalige Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams. Während die anglikanische „Church of England“ bisher den Standpunkt vertrat, dass ihre Bildungsarbeit durch die Deckelung nicht beeinträchtigt sei, unterstützt die Katholische Kirche die Abschaffung der 50-Prozent-Regel. Es sei schließlich ihr Auftrag, katholische Gläubige zu unterrichten und zu erziehen. Dies sei nur möglich, wenn es keine Zulassungsbegrenzung für katholische Schüler an konfessionellen Schulen gebe, so die Argumentation. Wie der „Daily Telegraph“ berichtet, bezweifelte ein Sprecher des „Catholic Education Service“ zudem, dass die im Jahr 2010 eingeführte Regelung zu mehr Vielfalt und Respekt beigetragen hätte. Und er ergänzte: „Die bestehenden katholischen Schulen, die all ihre Plätze der religiösen Überzeugung der Bewerber nach vergeben können, sind die Schulen, die die größte gesellschaftliche und ethnische Vielfalt im ganzen Land aufweisen.“ Mehr als 300 000 Nicht-Katholiken sowie 27 000 Muslime würde dort unterrichtet werden.

Bereits im November 2016 hatte die konservative Regierung unter Führung von Premierministerin Theresa May angekündigt, die 50-Prozent-Deckelung aufheben zu wollen. Bisher waren aber noch keine entsprechenden Maßnahmen eingeleitet worden. Vergangenen Monat kündigte der amtierende Bildungsminister Damian Hinds schließlich an, die Pläne in die Tat umsetzen zu wollen.

DT/mlu

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