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Der Bischof als Postbote für Frust

Manfred Scheuer delegiert die Beantwortung offener Fragen in Linz an den Papst.
Linzer Bischof Scheuer schreibt Brief an Franziskus
Foto: Jochen Lübke (dpa) | Mit seinem Brief an Papst Franziskus sendet der Bischof von Linz ein doppeltes Signal.

Seit Jahrzehnten werden die immer gleichen Fragen im deutschen Sprachraum als „heiße Eisen“ der binnenkirchlichen Debatte gehandelt: Zölibat, Viri probati und Weiheämter für Frauen. Im Rahmen des „Zukunftswegs“ der Diözese Linz habe es viele Anfragen und Rückmeldungen in Bezug auf die Zulassungsbedingungen zu den Weiheämtern gegeben, berichtet Bischof Manfred Scheuer. Es gebe ein „deutliches Rumoren“. Das hat Bischof Scheuer nun in einem Brief an Papst Franziskus zusammengefasst.

Ein Bischof, der sich zum Postboten der Stimmung in seiner Diözese macht

Der Bischof von Linz sendet damit ein doppeltes Signal: Den Funktionären, die sich für Sprecher des Kirchenvolkes halten, suggeriert er, mit ihren Forderungen übereinzustimmen, weil er diesen nicht widerspricht, sondern Gewicht verleiht, indem er sie brieflich an den Papst weiterreicht. Dem Papst und der Gemeinschaft der Bischöfe macht er deutlich, dass er an keinerlei diözesanen Alleingang denkt, sondern treu im Gleichschritt mit der Weltkirche geht. Ein Bischof, der sich zum Postboten der gefühlten Stimmung in seiner Diözese macht, gibt ein sympathisches Bild ab. Aber Bischöfe sind keine Postboten, sondern Hirten mit der Aufgabe „zu lehren, zu heiligen und zu leiten“, wie das Zweite Vatikanische Konzil formuliert.

Scheuers Vorgehen bestärkt die Unzufriedenheit in seiner Diözese im Vorurteil des römischen Zentralismus

Scheuers Vorgehen bestärkt die Unzufriedenen in seiner Diözese im Vorurteil des römischen Zentralismus, weil es ihnen suggeriert, der Bischof sei schon auf ihrer Seite, nur „die in Rom“ müsse er erst gewinnen. Es bestärkt sie in der Meinung, theologisch seien sie auf der richtigen Spur, nur sei Rom eben rückständig und ewiggestrig. Umgekehrt wird der Papst kaum von den brieflich präsentierten Themen überrascht sein – allenfalls davon, dass in Österreich die immergleichen Fragen mit verbissener Leidenschaft verfolgt werden. Und vielleicht davon, dass Diözesanbischöfe selbst nach jahrzehntelanger Vorlaufzeit nicht in der Lage sind, sie aus eigener Kompetenz theologisch trittsicher zu beantworten.

DT/sb

Warum Bischöfe keine Postboten sind, sondern Hirten mit der Aufgabe „zu lehren, zu heiligen und zu leiten“, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 22. November 2018.

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