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Debatte um Rassismus und Integration nach Rücktritt Özils

Der ehemalige deutsche Fußball-Nationalspieler Mesut Özil nennt rassistische Anfeindungen als Grund für seinen Rücktritt. Damit löste er nun eine kontrovers geführte Debatte aus. Zahlreiche Vertreter aus Politik und auch kirchliche Stimmen melden sich zu Wort.
Nach Rücktritt Özils: Debatte um Integration
Foto: Christian Charisius (dpa) | In der Debatte um Özils Rücktritt melden sich viele Politiker zu Wort. Die nordrheinwestfälische Integrationsstaatssekretärin Serap Güler (CDU) bezeichnet den Schritt als „fatales Signal“ für die Integrationspolitik.

Bisher galt der ehemalige deutsche Fußball-Nationalspieler Mesut Özil als Musterbeispiel gelungener Integration. Nach seinem Rücktritt und der Rassismusvorwürfe gegen die Spitze des Deutschen Fußballbundes droht Özil, der türkische Wurzeln hat, zum Musterbeispiel für gescheiterte Integration zu werden. Zurückgetreten war der 29-jährige Profifußballer laut eigener Aussage, da er massiven Anfeindungen wegen eines Fotos mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayip Erdogan ausgesetzt war.

Seehofer: "In diesem Fall gibt es nur Verlierer"

Zahlreiche Politiker und Religionswissenschaftler haben sich zu der Causa geäußert, deren politische und mediale Dimension gerade die sportliche überlagern. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der auch für den Sport zuständig ist, erklärte: „In diesem Fall gibt es nur Verlierer.“ Außenminister Heiko Maas (SPD) forderte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe einen verstärkten Kampf gegen Rassismus.

Der Rechts- und Islamwissenschaftler Mathias Rohe bezeichnete Özil in den „Nürnberger Nachrichten“ als „sehr naiv“, wenn er die politische Dimension des Fotos mit dem türkischen Präsidenten nicht vorausgesehen habe. Rohe zweifelt nicht daran, dass in dem Fall auch Rassismus im Spiel ist, hält es aber für unangebracht, allen, die Özil kritisieren, Rassismus zu unterstellen. Gleichzeitig bezeichnete er das Krisenmanagement des Deutschen Fußballbundes (DFB) als „unter aller Kanone“. „Ich denke, da sind jetzt auch Rücktritte fällig.“ Insgesamt dürfe man die Sache nicht überbewerten. „Ich finde keinen Masterplan, wie Integration besser gelingen kann. Solange wir uns an unsere gemeinsame Hausordnung halten, darf es sehr bunt und vielfältig zugehen.“

Güler: "Fatales Signal" für die Integrationspolitik

Die nordrheinwestfälische Integrationsstaatssekretärin Serap Güler (CDU) hingegen bezeichnete Özils Rücktritt als „fatales Signal“ für die Integrationspolitik. Hier sei ein Spieler mit Migrationsgeschichte zurückgetreten, der der Gesellschaft und den Medien letztlich Rassismus vorgeworfen habe, sagte Güler im SWR Tagesgespräch. Zudem beklagte sie die „sehr kontroverse“ Form der Diskussionen. Es entstehe der Eindruck, „dass die Mitte in dieser Debatte wirklich verloren geht“.

Anders bewertet der katholische DJK-Sportverband den Fall Özil. „Mesut Özil ist selbstverständlich gut integriert“, sagte DJK-Bildungsreferent Dennis Fink im Interview mit dem Kölner Domradio. „Er ist in Deutschland aufgewachsen, er engagiert sich auch weiterhin in Deutschland. Er hat hier seinen Schulabschluss erworben, Freunde gefunden und auch in der DJK Fußball gespielt.“ Daher gehe er davon aus, dass sein Werte- und Rechtsverständnis, das sicherlich auch durch den Sport geprägt worden sei, einwandfrei sei.

DJK-Bildungsreferent: Sachlichkeit und Differenziertheit fehlen

Von dem Foto mit Erdogan dürfe nicht auf die gesamte Integrationsdebatte geschlossen werden. „Damit werden wir dem Sport nicht gerecht.“ Fink vermisst in der aktuellen Debatte Sachlichkeit und Differenziertheit. Über den DFB sagte Fink, dass dieser seit Jahren Programme betreibe, die Integration erfolgreich förderten.

DT/mlu

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