Dass bisher alle Versuche scheiterten, das Grundgesetz zu kippen, ist ein Grund zur Freude, aber nicht zur Selbstgenügsamkeit. Die neue totalitäre Gefahr, der unsere freiheitliche Gesellschaft sich gegenübersieht, ist mit den uns bisher bekannten Kategorien nicht zu fassen. Es geht um den politischen Islam in seiner extremen Ausprägung, die von einem religiösen Deckmantel verhüllt ist.
Öffentlichkeit hat immer noch nicht die richtigen Begriffe gefunden, um über das Problem zu sprechen
Eine aktuelle Debatte ist hier so etwas wie ein Seismograph dafür, wie sehr die deutsche Öffentlichkeit einerseits voller Sorge, ja Angst angesichts dieser Bedrohung ist, andererseits immer noch nicht die richtigen Begriffe gefunden hat, um über dieses Problem zu sprechen. Es geht um die Frage des Kopftuchverbotes für muslimische Mädchen in Grundschulen.
Es ist ja in der Tat so, dass wer für ein Kopftuchverbot für Mädchen plädiert, damit rechnen muss, dass radikale Laizisten irgendwann das Recht der Eltern, ihre Kinder religiös erziehen zu können, komplett in Frage stellen. Andererseits ist der politische Islam in seiner totalitären Ausprägung ganz offenkundig ein Phänomen, dem man nicht beikommen kann, indem man bloß auf die altbekannte Böckenförde-Formel verweist.
Islamismus entspricht eben nicht mehr Böckenfördes Vorstellung von Religion
Dass der weltanschaulich-neutrale Staat auch künftig jene religiösen Kräfte benötigt, die er selbst nicht schaffen kann, bleibt richtig. Aber der Islamismus entspricht eben nicht mehr der Vorstellung von Religion, wie Böckenförde sie vor dem Hintergrund der europäischen Geschichte hatte.
DT
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