Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Rechtsgut. Sie schließt Kritik an Religionen ein. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) stellt jetzt aber klar, dass hier mehrere Rechtsgüter abzuwägen sind.
Rechtsgüterabwägung unerlässlich
Beschwerde geführt hatte eine Wienerin gegen die Republik Österreich, weil sie in Wien wegen Herabwürdigung religiöser Lehren zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Sie hatte Mohammed Pädophilie unterstellt. Der EGMR stellte fest, die österreichischen Gerichte hätten „sorgfältig das Recht auf freie Meinungsäußerung gegen das Recht anderer auf Schutz ihrer religiösen Gefühle abgewägt und das legitime Ziel der Wahrung des religiösen Friedens in Österreich verfolgt“. Nicht jede Verbalattacke auf den Glauben also ist unter Berufung auf die Meinungsfreiheit legal.
Dass Christen Beleidigungen ertragen, ist kein Grund für ihre Ungleichbehandlung
Die Richter des EGMR haben den „Schutz religiöser Gefühle“ in den Blick genommen und gegen die Meinungsfreiheit abgewogen. Christen sind jetzt eingeladen, sich gegen Schmähungen und Diffamierungen ihres Glaubens zur Wehr zu setzen. Nun ist darauf zu achten, dass künftig nicht mit zweierlei Maß gemessen wird. Christen reagieren auf die Verletzung ihrer religiösen Gefühle anders als Muslime. Das liegt nicht nur daran, dass sie in Europa durch das läuternde Feuer der Aufklärung gegangen sind, sondern am Vorbild Jesu Christi, der Demütigungen und Schmähungen auf sich genommen und seinen Jüngern vorhergesagt hat. Die Tatsache, dass Christen (wie einst Petrus) nicht zum Schwert greifen sollen, sie also „den religiösen Frieden“ auch bei Beleidigungen wahren, rechtfertigt keinesfalls ihre Ungleichbehandlung durch den Rechtsstaat.
DT
Lesen Sie zu diesem wichtigen Thema den meinungsstarken und wohlbegründeten Leitartikel von Stephan Baier in der aktuellen „Tagespost“ vom 31. Oktober 2018.