Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof sieht keinen Grund dafür, aus Rücksicht auf den Islam und andere Religionen die christliche Prägung Deutschlands zu verleugnen. Der Staat müsse „in seinem Personal, seinen Erscheinungsformen und seinen Institutionen seine Identität wahren und braucht auch seine gewachsene Kultur - einschließlich christlicher Feiertage, kultureller Symbole und Zeichen - nicht infrage zu stellen“, sagte Kirchhof, der am 21. Februar 75 wird, im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur.
Eine Abnahme von Kreuzen in Gerichtssälen etwa oder die Feier von Winterfesten anstelle von Weihnachtsfeiern sei nicht sinnvoll. Gleichwohl aber müsse der Staat allen Religionen umfassende Freiheiten gewähren, so Kirchhof. Jede Religion dürfe nach dem Prinzip der individuellen Religionsfreiheit und der Kirchenautonomie ihre eigenen Formen, Riten und Gebräuche entwickeln und leben: „Voraussetzung ist, dass die Kernmaßstäbe des Grundgesetzes - Friedlichkeit, Freiheit jedes Menschen, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Achtung vor dem Gesetz - eine Selbstverständlichkeit bleiben.“
Das Zusammenwirken von Christen und Muslimen in Deutschland werde momentan dadurch erschwert, dass die Muslime „bisher nicht den Rechtsstatus unserer religiösen Verbände haben“, so Kirchhof weiter. Daher könnten sie organisatorisch kein stetiger Gesprächspartner sein: „Für die Zusammenarbeit insbesondere in Schulen, Krankenhäusern, bei der Bundeswehr und in sozialen Einrichtungen sollte der Staat Angebote machen, die auch dem Islam Anreize geben, dem Staat als stetiger Gesprächs- und Vertragspartner zu begegnen.“
DT/KNA