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Christenverfolgung: Gedenken an ein aktuelles Übel

Zum "Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer von Gewalthandlungen aufgrund der Religion oder der Weltanschauung".
Christenverfolgung - ein hochaktuelles und vielgestaltiges Problem
Foto: Kirche in Not | Ein Mann der in der irakischen Ninive-Ebene zeigt eine durch den IS geschändete Christus-Statue.

Als die Vereinten Nationen am 28. Mai 2019 einen „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer von Gewalthandlungen aufgrund der Religion oder der Weltanschauung“, taten sie dies in allgemeiner Sorge um die Religionsfreiheit weltweit und „fortwährende Handlungen der Intoleranz und Gewalt gegenüber Einzelnen wegen ihrer Religion oder ihres Glaube“, wie es in der Resolution A/RES/73/296 heißt. In diesem Sinne begrüßen auch die deutschen Bischöfe die Einrichtung des Gedenktags.

Christenverfolgung als Hauptproblem

Die Christenverfolgung wird in der UN-Resolution nicht explizit erwähnt. Dabei sind die meisten der Opfer von Gewalthandlungen aufgrund der Religion oder der Weltanschauung Christen. In Staaten wie Nordkorea oder China, in der islamisch geprägten arabischen Welt oder auch dort, wo religiöse und nationalistische Vorstellungen eine unheilvolle gesellschaftspolitische Melange eingehen, wie etwa in Indien. Es geht also vor allem darum, ein wacheres Bewusstsein der Öffentlichkeit für verfolgte Christen zu schaffen.

Moll: "Zeichen in die richtige Richtung"

Der Theologe und Historiker Helmut Moll sieht in dem Gedenktag „ein Zeichen in die richtige Richtung“, wie er gegenüber dem Domradio sagte. Er sieht die Christen auch in Europa immer mehr in die Ecke gedrängt – formaler Religionsfreiheit zum Trotz. „Die Tatsache, dass viele europäische Staaten völlig verweltlicht sind“, führe dazu, so Moll, „dass der Glaube keine Bedeutung mehr hat. Er ist nur noch eine relative Größe, die man bei bestimmten Gelegenheiten braucht, aber dann abwirft. So kommt eine neue Welle der Gewalt gegen Christen auf, weil die Menschen meinen, auch als säkulare Menschen leben zu können.“

Hochaktuell und vielgestaltig: Christenverfolgung weltweit

Wie aktuell das das Thema Christenverfolgung ist und welche unterschiedlichen Dimensionen sie annehmen kann, wird deutlich, wenn man nur auf die Entwicklungen der letzten vier Wochen schaut.

  • Die indische Polizei nahm am 21. August sechs mutmaßliche Mitglieder einer hinduistischen Gruppe fest, weil sie 40 Katholiken angegriffen hatten, die an einer Pilgerreise zu einem Marienheiligtum in Velankanni im südlichen Bundesstaat Tamil Nadu teilnahmen.
  • Am 20. August wird bekannt, dass der berüchtigte muslimische Prediger Abdul Somad aus Indonesien in einer Predigt das Kreuz als „Element des Teufels“ bezeichnet hatte. Das Video der Predigt war zuvor in den Sozialen Medien vielfach geteilt worden.
  • Zwischen dem 3. und 9. August wurde die Kirche von Saint-Éloi (Pfarrei der Bienheureuses-Carmélites-de-Compiègne) in der Diözese Compiègne (Oise) ausgeraubt und verwüstet. Der Tabernakel wurde aufgebrochen und das Ziborium gestohlen. Dabei wurden auch konsekrierte Hostien entwendet.
  • Mit einer heiligen Messe und einer Lichterprozession haben am 31. Juli hunderte Christen in der Kathedrale von Dagupan im Nordwesten der Philippinen ihre Solidarität mit Bischöfen und Priestern ausgedrückt, gegen die aktuell polizeiliche Ermittlungen laufen. Ihnen wird unter anderem Verschwörung gegen Präsident Rodrigo Duterte, Verleumdung und Behinderung der Justiz zur Last gelegt.
  • Am 29. Juli haben Angehörige der islamistischen Terrormiliz Boko Haram ein Dorf im Norden Kameruns überfallen, das zum Bistum Yagoua gehört. Dabei haben sie nach Angaben des katholischen Hilfswerks „Kirche in Not“ gezielt Frauen angegriffen, diese entführt und verstümmelt.

Im „Tagespost“-Dossier „Christenverfolgung“ sind weitere Fälle aus den letzten Monaten und Jahren dokumentiert.

Kirche in Not: "Es müssen Taten folgen"

Der Präsident von „Kirche in Not“, Thomas Heine-Geldern, sieht den neuen UN-Gedenktag als wichtigen Meilenstein, der aber nur ein erster Schritt sein dürfe: „Der 22. August darf nicht Selbstzweck sein, sondern muss einen Prozess anstoßen, der die internationale Gemeinschaft zu einem koordinierten Aktionsplan bewegt, um religiöse Verfolgung zu beenden und künftig zu verhindern. Es ist eigentlich die Pflicht der Vereinten Nationen, der Regierungen und politischen Akteure dem Menschenrecht auf Religionsfreiheit Geltung zu verschaffen. Dem symbolischen Tag müssen jetzt Taten folgen.“ Ein notwendiges Instrument sei unter anderem die Einrichtung einer UN-Plattform, um den Austausch mit Vertretern der verfolgten religiösen Gruppen zu fördern, erklärte Heine-Geldern. Zudem müssten die Vereinten Nationen auf die Einrichtung eines internationalen Tribunals für Gewaltakte hinarbeiten, die sich gegen Gläubige richten.

DT/jobo

Die Hintergründe zu diesem Thema finden Sie in der Wochenausgabe der Tagespost.

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