Israel steht nach den Worten des früheren Knesset-Präsidenten Avraham Burg vor maßgeblichen Entscheidungen für seine Zukunft. „Israel steht an einer T-Kreuzung. Intern müssen wir uns fragen, welches Kirche-Staat-Modell wir wollen“, sagt der ehemalige Parlamentssprecher im Gespräch mit der „Tagespost“ in Jerusalem. Das Land habe die Wahl zwischen dem westlichen Modell der diversen Trennungen, das es den Menschen ermögliche, ihre Religion zu leben, in dem aber die Hauptautoritätsquelle die Demokratie sei, so der 63-Jährige. Die andere Möglichkeit sei das muslimische Modell, in dem „Religion die Quelle der Autorität ist“. Israel habe das Potenzial für beides.
Den Schlüssel zu Frieden in der Region sieht der ehemalige israelische Parlamentspräsident in der Palästinenserfrage: „Ohne Lösung für das palästinensische Problem werden wir sicher keinen Frieden mit der Region machen.“ Zudem müsse sich das Land über das Wesen seiner Demokratie entscheiden. „Die Frage im Raum lautet: Ist eine ethnische Demokratie möglich, also eine Demokratie mit einer eingebauten Diskriminierung gegen jene, die nicht jüdisch oder nicht orthodox-jüdisch sind?“ Hier sage ihm sein Gefühl, dass Israel mit diesem Modell vor die Wand fahre, so Burg.
Die Feiern zum 70. Jahrestag der Unabhängigkeit bezeichnet Burg als Zeichen der Instabilität und Unsicherheit. „ Wer in seinem kollektiven Wesen sicher ist, muss nicht jede Minute davon feiern als wäre es ein Jubiläum“, so der 63-Jährige. In Israel herrsche jedoch das ständige Gefühl der Unmittelbarkeit und der Vorläufigkeit. „ Zukunftsfähigkeit in Israel ist Unmittelbarkeit“, meint Burg.
Das ausführliche Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 09. Mai.
DT