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20 Jahre Karfreitagsabkommen: Kirchen rufen zu Versöhnung auf

20 Jahre nach dem Karfreitagsabkommen, das in Nordirland Jahrzehnte der Gewalt beendete und Katholiken und Protestanten zum friedlichen Miteinander verpflichtete, ist die Situation heute so angespannt wie selten.
Brexit - Nordirland
Foto: Brian Lawless (PA Wire) | Ein Schild der katholischen Sinn-Fein-Partei in Nordirland mit der englischen Aufschrift "Kein Sonderstatus, keine harte Grenze" steht am 08.12.2017 in Belfast (Großbritannien).

Zum 20. Jahrestag des Karfreitagsabkommens zu Nordirland haben Kirchenführer von Katholiken und Anglikanern gemeinsam zu Versöhnung aufgerufen. Der katholische Primas von Irland, Erzbischof Eamon Martin, und der anglikanische Primas in Nordirland, Richard Clarke, riefen die Bevölkerung auf, "Botschafter der Versöhnung" zu sein. Sie dankten gemeinsam Gott dafür, dass eine Generation junger Menschen "ohne den Klang von Bomben und Schüssen aufwachsen darf". Man danke Gott zudem "für alles, was in den vergangenen 20 Jahren bei der Gestaltung einer friedlichen und gemeinsamen Zukunft erreicht wurde", so Martin und Clarke weiter. Man dürfe vom Karfreitagsabkommen aber nicht erwarten, dass es "allein die tiefen Wunden in der Gesellschaft heilen kann".

Martin und Clarke räumen ein, dass das Abkommen zwar umstritten sei. Nach Jahrzehnten von Gewalt, Blutvergießen und Spaltung der Gesellschaft habe es aber "unser aller Leben verändert" und einen "Neuanfang" für den Friedensprozess in Nordirland bedeutet. Angesichts der aktuellen politischen Situation in Nordirland, die durch eine Regierungskrise und den bevorstehenden Brexit sehr angespannt ist, sprechen sie ihre Hoffnung aus, dass der 20. Jahrestag den Geist des Abkommens wieder entfache. Für den Weg aus der aktuellen "Sackgasse" bedürfe es einer Besinnung auf die Werte des Abkommens: "Partnerschaft, Gleichheit und gegenseitiger Respekt".

Nordirland befindet sich nach dem historisch knappen Wahlsieg der protestantischen und probritischen Democratic Unionist Party (DUP) 2017 in einer andauernden Regierungskrise. Die katholisch-republikanische Sinn-Fein-Partei lag bei der Wahl zum Regionalparlament erstmals nur einen Sitz hinter der DUP, die - wohl auch wegen der Brexit-Diskussion - starke Stimmverluste erlitt. Die beiden zerstrittenen Parteien müssen laut dem Karfreitagsabkommen von 1998 eine gemeinsame Regierung bilden, um den Friedensprozess zu schützen. Dies ist bislang nicht geschehen; Nordirland ist seit Januar 2017 ohne Regierung.

An diesem Dienstag jährt sich zum 20. Mal die Unterzeichnung des sogenannten Karfreitagsabkommens. Am 10. April 1998 hatten in einer Kirche in Belfast Irland, Großbritannien und die wichtigsten nordirischen Konfliktparteien einen Friedensvertrag unterzeichnet. Darin einigten sie sich auf Gewaltverzicht, die Bildung eines nordirischen Parlaments und auf die Möglichkeit eines Referendums zur Wiedervereinigung mit der Republik Irland. In dem Konflikt zwischen pro-irischen Katholiken und pro-britischen Protestanten sollen zwischen 1969 und 1998 bis zu 4.000 Menschen ums Leben gekommen sein; rund die Hälfte davon waren Zivilisten.

DT/KNA
 

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