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Mehr Frauen und Ältere auf den Arbeitsmarkt

Eine neue Studie zieht Schlussfolgerungen aus dem demografischen Wandel in Deutschland zwischen 1991 und 2021.
Arbeitsmarkt
Foto: Chaloupka Miroslav (CTK) | Mehr als ein Viertel der Bevölkerung in Deutschland hat heute einen „Migrationshintergrund“.

Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB) hat am Montag in Wiesbaden seine neue Broschüre „Demografischen Wandel neu entdecken“ vorgestellt. Die Publikation beschränkt sich nicht darauf, einen detaillierten Einblick in den Wandel der Bevölkerung zwischen 1991 und 2021 zu geben, sondern wirbt dafür, nicht nur die Bedrohung der Bevölkerungsalterung, sondern auch die positiven Aspekte des Wandels zu sehen. Um den Herausforderungen von Alterung und Bevölkerungsrückgang für den Arbeitsmarkt zu begegnen, sei Bildung ein Schlüsselelement. Auch die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Personen und die Nutzung von Zuwanderung im erwerbsfähigen Alter werden von den Verfassern der Studie als Möglichkeiten angesehen, dem Arbeitsmarkt die nötigen Erwerbstätigen zur Verfügung zu stellen.

Von der Pyramide zum Diamanten

Die Studie beruht auf den Daten des Statistischen Bundesamtes und der statistischen Ämter der Länder. Sie schlüsselt die Alterspyramiden der Jahre 1991, 2006 und 2021 in 13 Kapitel nach unterschiedlichen Gesichtspunkten auf, darunter etwa Familienstand und Lebensform, Migrationshintergrund, Schul- und berufliche Bildung, sowie Erwerbstätigkeit, Einkommen und Ruhestand. „Lange Zeit erinnerten sie in ihrer Form an Pyramiden, haben sich aber in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert: Menschen leben immer länger, die Geburtenraten sind weiterhin relativ niedrig, während die Migration Zugewinne gerade bei jungen Erwachsenen brachte und bringt. Hierdurch hat sich die Pyramide in einen Diamanten verwandelt – die mittleren und älteren Jahrgänge gewannen im Vergleich zu den jüngeren Jahrgängen an Gewicht“, erklärt Katharina Spieß, Direktorin des BIB.

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Das Durchschnittsalter der deutschen Bevölkerung ist zwischen 1991 und 2021 von 39,3 auf 44,6 Jahre gewachsen. Ebenso hat sich das Alter der Familiengründung nach hinten verschoben. Die Lebensform „Paar mit Kindern im Haushalt“ ist laut der Studie deutlich seltener vertreten als vor 25 Jahren. Dagegen haben Lebensformen ohne Partner/Partnerin – egal ob mit oder ohne Kinder – zugenommen. Besonders markant ist die Entwicklung bei alleinstehenden Männern: Fast jeder vierte Mann im Alter von 40 bis 44 Jahren lebte 2021 alleine. „Die Lebens- und Familienkonstellationen sind individueller und vielfältiger geworden.“ fasst Harun Sulak, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im BIB, die Entwicklung der letzten Jahrzehnte zusammen. Mit Folgen für die Zukunft: „Beispielsweise gibt es immer mehr Kinderlose, für die sich im Alter auch die Frage nach einer außerfamiliären Betreuung stellt.“

Mehr als ein Viertel mit Migrationshintergrund

Mehr als ein Viertel der Bevölkerung in Deutschland hat heute einen „Migrationshintergrund“. Diese Bevölkerungsgruppe sei im Schnitt jünger als Menschen ohne Migrationshintergrund, was sich zum Teil daraus erkläre, dass Zuwanderung eher im jüngeren als im höheren Alter erfolge, heißt es in der Studie. Fast jedes zweite Kind unter 10 Jahren hat heute einen Migrationshintergrund. Auch in den mittleren Altersgruppen zwischen 25 und 50 Jahren ist der Anteil von Zuwanderern zwischen 2005 und 2021 von 16 auf 34 Prozent angewachsen.

Die sogenannte „Bildungsexpansion“ mit einem starken Ausbau des Bildungswesens hat in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass heute mehr Menschen als jemals zuvor höhere Schul- und berufliche Bildungsabschlüsse besitzen. Davon haben laut Statistik vor allem Frauen profitiert. „Der altersbedingte Rückgang der Erwerbspersonenzahl kann zumindest teilweise durch ein steigendes Bildungsniveau ausgeglichen werden, da mit einem höheren Bildungsniveau tendenziell eine höhere Pro-Kopf-Produktivität einhergeht“, erklärt Elke Loichinger, Forschungsgruppenleiterin am BiB. Trotzdem haben altersübergreifend immer noch fünf Prozent der Bevölkerung keinen Schulabschluss.

2021 lag der Median der persönlichen monatlichen Nettoeinkommen der Bevölkerung über 18 Jahre etwa bei 1.584 Euro. 2021 bezogen rund 63 Prozent der erwachsenen Männer und 37 Prozent der Frauen ein Einkommen oberhalb des Medians. Erwerbstätig waren 2021 79 Prozent der Männer und 72 Prozent der Frauen. 1991 waren es noch 57 Prozent der Frauen. Ab Mitte 30 arbeitet mehr als jede zweite Frau in Teilzeit. Das hängt vor allem mit steigender Müttererwerbstätigkeit zusammen. DT/fha


Die Broschüre „Demografischen Wandel neu entdecken“ kann hier heruntergeladen werden.

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