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Rauchen, Alkohol, Essen – Wo fängt die Sünde an? 

"Heute habe ich gesündigt.“ - Wenn dieser Satz fällt, denkt man heute nicht mehr unbedingt zuerst an einen Verstoß gegen göttliche Gebote. Häufig geht es bei diesem Satz nun eher um die selbst gesetzten Grenzen, beispielsweise wenn wir trotz Diät ein üppiges Essen genossen haben. Doch wann wird die persönliche Alltagssünde eigentlich aus religiöser Sicht zum Sündenfall? Ist eine üppige Mahlzeit bereits Völlerei? Und was ist mit Zigaretten und Alkohol?
Was ist eigentlich Sünde im christlichen Sinne?
Foto: dpa

Was ist eigentlich Sünde im christlichen Sinne?

Wenn der Mensch sich durch eigenes Verschulden in einen Zustand des Getrenntseins von Gott versetzt, ist das aus christlicher Sicht Sünde. Das Christentum kennt außerdem die sieben Todsünden Hochmut (saligia), Habgier (avaritia), Völlerei (gula), Neid (invidia), Wollust (luxuria), Zorn (ira) und Trägheit (acedia). Die Zehn Gebote und die Worte der Bibel liefern zahlreiche Anweisungen zu gottesfürchtigem Verhalten.
Wo genau die Sünde beginnt, lässt sich dennoch nicht ganz eindeutig und pauschal beantworten. Das zeigt bereits das Beispiel Alkohol. Jesus selbst verwandelte Wasser in Wein und ein konkretes Verbot von Alkohol kennt das Christentum nicht. Trunkenheit allerdings wird in der Bibel verurteilt. Und beim Essen? Genuss an sich ist nicht verboten. Völlerei aber ist eine der Todsünden. Doch ab wann wird gut und reichlich essen zur Völlerei? Die Grenzziehung ist, wie so oft, schwierig.

Wann wird die Sünde zur Sünde?

Beim Thema Rauchen ist die Sünde ebenfalls nicht direkt greifbar. Die Bibel erwähnt Rauchen oder anderweitigen Tabakkonsum nicht direkt. Dennoch lassen sich in der Bibel Passagen finden, die derartigen Gewohnheiten entgegen sprechen. Im ersten Brief an die Korinther heißt es etwa: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles ist nützlich. Alles ist mir erlaubt, aber ich will mich von nichts beherrschen lassen“. Und etwas später: „Oder wisset ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des in euch wohnenden Heiligen Geistes ist, welchen ihr von Gott empfangen habt, und dass ihr nicht euch selbst angehöret? Denn ihr seid teuer erkauft; darum verherrlichet Gott mit eurem Leibe!“. Sich von Süchten beherrschen zu lassen und dabei womöglich noch den eigenen gottgegebenen Leib zu schädigen, ist also nicht in Gottes Sinne. Rauchen macht süchtig und schadet nachgewiesenermaßen der Gesundheit und erfüllt damit prinzipiell beide Kriterien. Und auch Alkohol und falsche Ernährung können dem Körper Schaden zufügen.

Doch natürlich gibt es Abstufungen. Zwei Zigaretten pro Tag haben nicht dieselbe Wirkung wie zwei Schachteln. E-Zigaretten gelten nach bisherigen Erkenntnissen als weniger schädlich. Ähnlich sieht es auch beim hierzulande immer beliebter werdenden Snus aus. „Was ist Snus?“, fragt sich nun womöglich der eine oder andere. Dabei handelt es sich um eine Form von oral aufgenommenem Tabak, der insbesondere in Skandinavien beliebt ist. Da der Tabak hierbei nicht verbrannt wird, werden weniger Schadstoffe konsumiert.

Ist in solchen Fällen die Sünde also zu vernachlässigen? Und wie lässt sich das bemessen?
Letztlich gibt es wohl keine abschließende, zufriedenstellende Antwort. Wo Rauchen, Alkohol oder Essen zur maßlosen Gewohnheit werden, wird es schwierig, das mit christlichen Geboten in Einklang zu bringen. Eine klare Grenzziehung sucht man aber vergebens. Sie bleibt dem eigenen Ermessen und Gewissen überlassen

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