Gottsuche

Kleine Fluchtpunkte

Weinanbau in mönchischer Hand, Kapellen, Klöster: Die kleine Mittelmeerinsel Saint Honorat vor der Côte d'Azur besticht auch gottsuchende Reisende.
Klosterkirche  auf der Insel Saint Honorat
Foto: Sobel | Die Klosterkirche besticht durch die Klarheit der Architektur, was typisch ist für den Baustil und die Frömmigkeit der Zisterzienser.

Die Insel Saint Honorat befindet sich in direkter Nachbarschaft zur Insel Saint Marguerite, beide Inseln liegen nahe bei Cannes, an der mondänen Côte d‘Azur.

Den schönen Schein und allen Glamour lässt man jedoch hinter sich, begibt man sich auf die kurze Reise nach Saint Honorat. Diese Insel misst nur ca. 40 Hektar, die aber viel zu bieten haben. Seit etwa 1 600 Jahren ist diese Insel von Mönchen bewohnt, von den Zisterziensermönchen, den strengeren Brüdern der Benediktiner. Warum strenger? Sie legen die Regel des Heiligen Benedikt konsequent aus und wollen auf alles, was vom Dienst an Gott und Liturgie ablenken könnte weglassen. Davon zeugt auch die Klosterkirche der Mönche, die durch ihre Schlichtheit und Klarheit besticht. Sieben Kapellen und der imposante Turm des alten Klosters aus dem XI. Jahrhundert, der sich direkt am Meer befindet, zeugen von der seit Jahrhunderten andauernden Präsenz der Mönche.

Überfahrt mit Suchtpotenzial

Legt man mit dem Schiff der Gesellschaft „Planaria“ am „Vieux port“ (alten Hafen) in Cannes ab, lässt man den Alltag vom ersten Augenblick an hinter sich. Bereits die 25-minütige Überfahrt zur Insel besitzt „Suchtpotenzial“. Auf dem azurblauen Meer geht es vorbei am Filmpalast und dann aufs offene Meer, wo wir luxuriöse Jachten und vor Anker liegende, mitunter riesige, Kreuzfahrtschiffe bestaunen können. Linker Hand befindet sich die Île Saint Marguerite und unser Schiff verlangsamt seine Fahrt beim Eintritt in den „Canal du Frioul“, der vor allem im Herbst und Winter eine beachtliche Strömung aufweist. Am Anlegepunkt, dem sogenannten „Débarcadere“, angekommen, empfängt uns bereits der Duft von Eukalyptusbäumen und Kiefern, vermischt mit dem Geruch des allgegenwärtigen Meeres, der „grande bleue“, wie die Einheimischen liebevoll sagen.

Manch einer behauptet, auch den 8,5 Hektar kleinen Weinberg der Mönche riechen zu können. Wer diesen qualitativ und geschmacklich hochwertigen Wein probieren möchte, kann dies im Restaurant „La Tonelle“ genießen, es befindet sich für Ankommende rechts von der Anlegestelle entfernt. Dem Besucher bietet sich hier, zusätzlich zu Speis und Trank, ein hinreißender Ausblick auf die Nachbarinsel Saint Marguerite und auf die vor Anker liegenden Segelboote. Für Sparfüchse unter den Besuchern gibt es einen Kiosk, der sich direkt bei dem Restaurant befindet. Was den Wein der Mönche betrifft, gilt wie so oft: Qualität hat ihren Preis.

Inselumrundung in 45 Minuten

Die Umrundung der Insel nimmt in etwa 45 Minuten in Anspruch. Empfohlen sei hier aber eine gemütliche und beschauliche Tour, denn nur dann erschließt sich dem Besucher ihre Schönheit und Besonderheit der Insel. Am Wasser gibt es Tische und Bänke für eine gemütliche Zwischenmahlzeit. Von dort hat man einen umwerfenden Blick auf das benachbarte „Massif de l'Esterel“, das Esterelgebirge. Der frische Wind auf der Insel lässt einen auch die sommerliche Hitze gut ertragen. Apropos Hitze: An mindestens drei Stellen auf der Insel kann problemlos gebadet werden.

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Allerdings sollte man vorher Ausschau halten nach Nesseltierchen, auch Quallen genannt. Sie bevölkern küstennahe Gebiete gerne nach Stürmen und im Hochsommer, wenn das Wasser sich stark erwärmt hat. Beim Schwimmen bitte bedenken, dass im Bereich von Inseln besondere Strömungsverhältnisse herrschen können. Sollte nach dem Baden der Besuch der beeindruckenden Klosterkirche geplant sein, dann bitte unbedingt auf angemessene Kleidung achten im Bereich der Kirche und des Klostergartens. Ebenso gilt es, die Stille auf dem Gelände zu respektieren. Das Kloster wird seit vielen Jahren von ruhebedürftigen und gebetshungrigen Zeitgenossen aufgesucht. Die Einkehrtage bei den Zisterziensern kann die Autorin ausdrücklich und aus eigener Erfahrung empfehlen. Die Klosterkirche besticht durch die Klarheit der Architektur, was typisch ist für den Baustil und die Frömmigkeit der Zisterzienser. Besonders beindruckend ist für den aufmerksamen Betrachter der lächelnde Christus, der sich am Ende des Mittelschiffes der Kirche befindet.

Köstlichkeiten im Klosterladen

Ein abschließender Abstecher in den Klosterladen empfiehlt sich unbedingt, denn im Klosterladen warten viele Köstlichkeiten auf die Besucher, zum Beispiel die bereits erwähnten erlesenen Weine, aber auch Liköre, Schokolade sowie religiöse und erbauliche Literatur, um nur einiges zu nennen. Dieses Eiland ist also mitsamt seines Klosters und seiner Bewohner in jedem Falle eine Reise wert. Die Heilige Messe findet täglich um 11.25 Uhr statt , Sonntags um 9.50 Uhr.

Das Boot von Cannes nach Saint Honorat fährt mittlerweile von 9 Uhr an stündlich bis 18 Uhr. Das letzte Boot legt um 18.30 Uhr von der Insel ab. (Im Winter gelten andere Zeiten). Auch hier gilt, wie so häufig: Die Monate Juli und August sollten gemieden werden, da ein allzu hohes Besucheraufkommen das Inselerlebnis beeinträchtigen kann. Zu jeder Zeit sollten die Besucher aber im Blick haben, dass sie sich auf einer Insel befinden, auf der seit Jahrhunderten das Gebet und die Suche nach Gott, sowie die Erfüllung seiner Gebote eine zentrale Rolle spielen. Daher geht von ihr ein besonderer Zauber und eine friedvolle Stimmung aus. Wer sich davon ergreifen lässt, wird sich respektvoll und aufmerksam verhalten und seinen Aufenthalt genießen. Spätestens nach der Rückkehr auf das Festland nehmen Sie sich fest vor, bald an diesen Ort zurückzukehren, auf die Insel des Heiligen Honorat.

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Sylvia Sobel Jesus Christus Klöster

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