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Sant Pere de Rodes: Glanzpunkt katalanischer Romanik

Das Bergkloster Sant Pere de Rodes ist eines der schönsten Nordostspaniens. Von Andreas Drouve
Klosteranlage  Sant Pere de Rodes
Foto: fotolia.com | Blick über die Klosteranlage Sant Pere de Rodes. Bereits aus weiter Ferne erkennt man die Zwillingstürme mit ihren Zinnen.

Gnadenlos zieht sich der Pfad bergan. Steinig, staubig, steil. Schmetterlinge tanzen. Eine Nachtigall tiriliert. Es duftet nach Lavendel. Überall wachsen Zistrosen, Baumheide, Ginster, Feigenkakteen, Wacholder. Entlang der Wanderroute vom Meer hinauf zum Bergkloster Sant Pere de Rodes schüttet die mediterrane Natur ihr Füllhorn aus. Stille und Friedensstimmung hängen über dem Hinterland der Costa Brava, der „Wilden Küste“.

Der Wanderweg zum Bergkloster Sant Pere de Rodes

Startpunkt der Wanderung auf dem rotweiß markierten GR-11 zum einstigen Benediktinerkloster Rodes ist der Strand- und Hafenort Llança. Nach dem Gang durch die kleine Altstadt und an der Sankt-Vinzenzkirche vorbei löst sich der Wanderweg im letzten Kreisverkehr vom Asphalt. Die über zweistündige Strecke in die Bergwelt der Serra de Rodes hat es mit über 500 Höhenmetern nun in sich und steigert die Vorfreude auf eines der schönsten Klöster in der nordostspanischen Region Katalonien. 

Die Bergwelt um Sant Pere de Rodes
Die Bergwelt um Sant Pere de Rodes ist nicht zu übersehen.

Es zeichnet sich bereits aus weiter Ferne ab und macht mit Türmen und Zinnen eher den Eindruck eines Kastells denn einer christlichen Anlage. Bis zur Ankunft rinnen allerdings noch reichlich Schweißströme über den Rücken, vor allem auf kurzen Rampen, die über 30 Prozent ansteigen. Der letzte Kilometer verläuft gerade, aber ernüchternd, über ein Sträßchen bis zum Parkplatz, danach über einen betonierten Fußweg.

Den Auftakt zum Komplex macht das einstige Pilgerspital. Das Dach fehlt, aus den Mauern wuchert Unkraut. Pilgerreisen, so liest man im Führer zu dem im 9. Jahrhundert erstmals dokumentierten Kloster, fanden bereits „sehr früh“ statt. Bekannt war, dass bis 1697 jedes Jahr, in dem der Tag der Kreuzfindung, der 03. Mai, auf einen Freitag fiel, als Jubeljahr gefeiert wurde. Im Fokus der Pilger sollen Reliquien des heiligen Petrus gestanden haben; welche genau, lässt sich nicht mehr nachvollziehen.

Die Geschichte des Klosters

Die wechselhafte Geschichte des Klosters besagt, dass die Glanzzeit ab dem 10. Jahrhundert begann, als sich ein Adeliger namens Tassi und Graf Gausfred von Ampurias für Sant Pere de Rodes interessierten und dem Kloster große Ländereien vermachten. Außerdem, so heißt es, gestanden die Päpste und die fränkischen Könige dem Kloster Privilegien zu. Der Bau der Kirche setzte einen Glanzpunkt der katalanischen Romanik. Die Anlage der Benediktiner gewann als geistlich-politisches Machtzentrum und als Pilgerziel mehr und mehr an Bedeutung.

Erste Zeichen des Niedergangs setzten im 14. Jahrhundert ein, ausgelöst durch Kriege und Epidemien im hiesigen Landstrich Emporda. Eine wirtschaftliche Erholung war im 17. und 18. Jahrhundert an die Ausbreitung des Weinbaus in Katalonien geknüpft. Doch nach Plünderungen durch Diebesbanden und französische Truppen fassten die Mönche 1798 den Entschluss, das Kloster endgültig zu verlassen. Sie ließen sich in den geografischen Niederungen in Vila-sacra nieder und zogen um nach Figueres, bis die landesweiten Klosterenteignungen der Gemeinschaft 1835 den Todesstoß versetzten.

Die Anlage von Rodes war lange Zeit dem Verfall ausgesetzt. So wurde das wertvolle, gegen Mitte des 12. Jahrhunderts in der Werkstatt des Meisters von Cabestany gefertigte Marmorportal der Kirche zerlegt und gestohlen. Es wanderte zu Sammlern und in Museen ab; in der Vorhalle sind Kopien zweier Reliefs ausgestellt.

Zum Glück kam es im letzten Jahrhundert zu einer Rückbesinnung darauf, welch architektonischer Schatz das Areal in der Bergeinsamkeit war. Heute geben Ausgrabungen und Restaurierungen einen Eindruck von der alten Pracht und haben Sant Pere de Rodes zu einem der meistbesuchten Baudenkmäler in Katalonien gemacht.

Die romanische Kirche 

Der Eintritt in die romanische Kirche befremdet auf angenehme Art. Nicht düster und gedrungen ist sie, sondern hoch aufgerissen und relativ licht. Ein außergewöhnlich mächtiges System aus Pfeilern und Säulen trägt das sechzehn Meter hohe Tonnengewölbe des Hauptschiffs. Der Klosterführer stellt das gewaltige Planungsvorhaben, das dahinter stand, heraus:

„Um die Großartigkeit der Kirche von Rodes zu verstehen, muss man bedenken, dass sie an einen Berghang gebaut wurde. Im südlichen Bereich der Kirche wurde der Fels abgetragen und im Norden ein Gefälle von bis zu vier Metern aufgefüllt, um den Boden für das Bauwerk und sein Hauptschiff zu ebnen.“

Die Säulen des Bergklosters
Die Säulen des Bergklosters fallen auf.

Punktgenau ins Licht der Strahler gesetzt sind hoch auf den Säulen die Kapitelle mit ihren fantasiereichen Motiven. Die teils verschlungenen Wege führen weiter in den Chorumgang und in die Krypta, in den unteren und oberen Kreuzgang, an den Glocken- und Wehrturm, in die alten Weinlager. Zuweilen muss man den Kopf einziehen. Ein Panoramaplateau gibt den Blick frei bis zum Ziel des Abstiegs an der Küste: El Port de la Selva. Nicht ohne sich vorher im Klosterrestaurant gestärkt zu haben. Keine Touristenfalle, sondern richtig gute Küche.

Die Strecke bergab zerrt an Bändern und Gelenken, bis der Steinpfad auf eine leicht begehbare Piste mündet. Endlich heißt es „geschafft“, Ankunft in El Port de la Selva. Teppiche aus Mittagsblumen breiten sich aus. Das Bad im Meer ist eine fantastische Belohnung zum Abschluss.

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