In der Küche wird mehliert, tomatisiert und papriziert. Dabei geht es jedoch nicht nur um die Beimengung der entsprechenden Zutaten. Das Timing, die Konsistenz, das Aroma, die Dosierung und dergleichen mehr sind im Interesse des angestrebten wohlschmeckenden Gesamtergebnisses ebenfalls genauestens zu beachten. Gewisse Speisen sind in geschmacklicher Hinsicht regelrecht verloren, wenn man den richtigen Zeitpunkt des Würzens verpasst. In ungesalzenem Wasser gekochte Nudeln kann man nachträglich allenfalls mit Salz bestreuen. Der Gaumen hat jedoch selbst mit der feurigsten Soße keine rechte Freude daran. Im Laufe der Zeit wird freilich die delikateste Speise fad.
Auch Gesellschaften können über die Jahre ungenießbar werden, wie es das alte Rom oder die weniger alte, aber ebenso verblichene DDR vorgemacht haben. Es ist wie mit dem schal gewordenen Salz aus der Bibel: Es kann nur noch weggeworfen werden.
Doch wie genau misst man den Schalheitsfaktor? Wie es um den Geschmack einer Gesellschaft, ihre geistige Konsistenz bestellt ist, lässt sich auch an ihrem Sinn für Humor ablesen. Und ihre Gelassenheit. Leider haben wir seit Aufkommen des Wutbürgers allen Grund zur Sorge. Anstatt viele Dinge mit Humor zu nehmen, demonstrieren wir wochenlang gegen noch gar nicht gebaute Bahnhöfe, verbeißen uns in Streitereien, Zwistigkeiten und kleinlichen Hader und klagen uns dank Rechtsschutzversicherung risikolos durch bis zur letzten Instanz. Typisch deutsche Küche? Es ist also leicht zu erkennen, dass der von Kanzlerin Merkel beschworene soziale Zusammenhalt akut gefährdet ist, wenn der Humor keine Blüten treiben kann. Aber zum Glück gibt es noch das Fernsehen. Es hat uns nicht nur die Berufsgruppe der Comedians geschenkt, sondern leistet, indem es uns rund um die Uhr mit Lachhaftem versorgt, erbitterten Widerstand gegen die Tristesse unseres Daseins.
Sogar die Nachrichten sind inzwischen fest in der Hand von Showtalenten, und selbst die Sprecher unserer „Tagesschau“ lassen sich gelegentlich dabei ertappen, wie sie den Anflug eines Lächelns in unsere Wohnzimmer senden.
So erfreulich diese Entwicklung ist, die sich nach Art der Köche mit „Humorisierung“ beschreiben ließe, nachhaltig wird sie erst, wenn sie auch theoretisch grundgelegt ist. Dafür haben sich Bildungsverantwortliche eigene Lachseminare einfallen lassen.
Auch in den Führungsetagen kann das Lachen zum Problem werden. Das ist das Betätigungsfeld von Humortrainerin Eva Ullmann. Nach einer eingehenden Analyse des Humorpegels in einem Unternehmen werden die Manager mit den verschiedenen Spielarten des Lachens vertraut gemacht. Dabei müssen sie nicht nur lernen, wann sie selber lachen dürfen, sondern auch, wann sie den Untergebenen bedeuten sollen, dass nun auch für sie die Zeit gekommen ist abzulachen. Mitarbeiterjahresgespräche werden mit geschickt eingestreuter Ironie zum unvergesslichen Erlebnis für beide Seiten, was jeden Gedanken an eine Gehaltserhöhung im Keim erstickt.
Auch Meetings können nur gewinnen, wenn sie hin und wieder mit einer Abfolge beherzter Ha-Laute aus dem Munde des Vorsitzenden aufgelockert werden.
Sehr gerne hätten wir an dieser Stelle behauptet, dass der Chef der taumelnden Deutschen Bank einen Termin bei Frau Ullmann gebucht hat. Aber dieses Gerücht ist noch nicht gekocht. Vielleicht sind auch keine Plätze mehr frei.