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Toxische Weiblichkeit: Darüber wird geschwiegen

Das sogenannte schwache Geschlecht hat ein wirkungsvolles Herrschaftsinstrumentarium entwickelt, über das unsere Gesellschaft am liebsten schweigt: die toxische Weiblichkeit.
Toxische Weiblichkeit
Foto: adobe stock | Vielen fällt bei toxischer Weiblichkeit sofort die eigene Mutter ein.

Die Oscar-Verleihung in diesem Jahr ist vor allem wegen einer Szene in Erinnerung. Nachdem sich der Moderator Chris Rock einen ungezogenen Witz über die Schauspielerin Jada Pinkett Smith im Publikum erlaubt hatte, sprang ihr Ehemann Will Smith auf die Bühne und verpasste dem Komiker eine schallende Ohrfeige. Vor dreißig Jahren hätte über diese Backpfeife die ganze Welt gelacht – zumal der attackierte Moderator darüber sofort die nächsten Scherze riss. Anno 2022 reagierte das Publikum ob dieses Eklats indes kaum weniger bestürzt als über einen blutigen Amoklauf.

Während in Sozialen Netzwerken es nur wenige Frauen zu sagen wagten, dass sie sich wünschten, ihr eigener Mann würde sich auf ähnliche Weise beherzt für sie stark machen, dominierte dort wie in den journalistischen Medien die "Gewalt ist keine Lösung"-Fraktion. Besonders ragt ein Kommentar bei "Stern Online" heraus, wo eine junge Redakteurin Alarm schlug, weil "über toxische Männlichkeit auch im Jahr 2022 noch immer nicht genug gesprochen wird". Denn "das Narrativ des starken Beschützer-Mannes, der sich mit körperlicher Macht gegen alles stellt, was ihm und seine Familie zu nahe geht, ist gefährlich". Es würde nämlich suggerieren, "dass es gute und böse Gewalt gibt. Dass Gewalt überhaupt eine Antwort auf irgendetwas ist." Diese Argumentation würden im übrigen "viel zu viele Opfer von häuslicher Gewalt zu hören bekommen – und die sind meist weiblich".

„Eine spontane Umfrage unter meinen weiblichen Freunden
ergab eine reiche Anekdotensammlung über Stutenbissigkeiten,
Hinterhältigkeiten, Missgünstigkeiten, Intrigen und Mobbing unter Frauen“

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Da ist er wieder, der feministische Kampfbegriff von toxischer Männlichkeit. Spätestens die MeToo-Kampagne 2017 hat dieses Schlagwort populär gemacht. Alles Virile steht seither unter Verdacht. Schauen wir auf die Zahlen. In Deutschland stirbt an jedem dritten Tag eine Frau durch die Hand ihres Partners oder Ex-Partners. 2020 waren es 139 Todesopfer. Jede Stunde wird eine Frau Opfer von Gewalt in ihrer Partnerschaft. Das waren 2020 bundesweit 146655 Betroffene. Gewiss, jeder dieser Vorfälle ist einer zuviel – aber sie machen Deutschland nicht zum frauenfeindlichen Gelände.

Erst recht kann nicht von einer planvollen Ausrottung des weiblichen Geschlechts die Rede sein, wie es der Propagandaterminus vom Femizid im Anklang an den Genozid (Völkermord) suggerieren soll. Warum also wird aufgrund solcher Phänomene häuslicher Gewalt die Männlichkeit per se als toxisch, mithin bösartig bezeichnet? Soll mit dieser kalkulierten kulturellen Geschlechtsstigmatisierung womöglich etwas verschleiert werden? Warum ist so eilfertig von toxischer Männlichkeit die Rede, selten jedoch von toxischer Weiblichkeit?

Tabu: gewalttätige Frauen

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Auch hier blicken wir auf die Zahlen. Sie sind dürftig genug. Das Thema "Gewalt gegen Männer" sei "tabuisiert und schambesetzt", schreibt die Diplom-Psychologin Marion Sonnenmoser im "Deutschen Ärzteblatt". Es gebe "kaum Berichterstattung und folglich so gut wie kein öffentliches Problembewusstsein". Eine nicht-repräsentative Pilotstudie im Auftrag des Bundesfamilienministeriums von 2004 ergab, dass jeder vierte der befragten 200 Männer einmal oder mehrfach körperliche Gewalt durch die aktuelle oder letzte Partnerin erlebt hatte. Noch häufiger wurde von seelischer Gewalt berichtet.

"Frauen leben ihre Aggressivität aus, indem sie zum Beispiel sticheln, hetzen, demütigen oder Gerüchte verbreiten", stellt Sonnenmoser fest. Und: "Dass Frauen friedfertiger als Männer seien, ist ein Mythos, der sich hartnäckig hält." Aber genau diese Legende wird in den Medien hartnäckig reproduziert, indem Gewalt gegen Frauen inflationär erwähnt und Gewalt gegen Männer unterschlagen wird. Wir haben es hier mit dem Konsens einer durchfeminisierten Gesellschaft zu tun. Diese Entwicklung ist seit vierzig Jahren im Gange.

Giftig eifernder Feminismus

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Schon 1980 plädierte der französische Kommunist und Philosoph Roger Garaudy in einem Buch "Pour l av nement de la femme" für eine Machtergreifung der Frauen. Der Untertitel der deutschen Ausgabe lautete: "Für die Feminisierung der Gesellschaft". Seither wurden immer wieder Warnungen laut vor der wachsenden Hegemonie des Weiblichen in vielen Lebensbereichen. Nicht nur der dänische Familientherapeut Jesper Juul beklagte, dass insbesondere Kindergärten und Schulen weitgehend in Frauenhand sind.

Mit dem Leumund des Maskulinen ging es abwärts. Explizit Männliches gilt oft als gewalttätig, sexualtriebfixiert, intellektuell spätentwickelt, emotional rückständig und berüchtigt maulfaul. "Die Zukunft ist weiblich", verhieß Margerethe Mitscherlich 1987 in einem Manifest und lieferte die Parole zur Schaffung einer besseren, menschengerechteren, friedfertigeren Welt. Jüngster Höhepunkt dieser Ideologie sind grüne Vorhaben einer feministischen Außenpolitik, ja sogar einer feministischen Verkehrspolitik und gendersensiblen Verkehrsplanung. Dass diese Schlagworte Anti-Männer-Propaganda mit Sachpolitik verknüpfen, zeigt die Erklärung der grünen Mobilitätsexpertin Susanne Menge: "Feministische Verkehrspolitik", sagt sie in einem Interview, "lenkt den Fokus auf alles, was lebenswerte Stadtplanung ausmacht." Unausgesprochen schwingt darin: Was von Männern kommt, ist nicht lebenswert.

Vorteilsgewinnung aus Opferattitude

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Natürlich wird dies nicht offen zugegeben. Überhaupt wird nachdrücklich bestritten, dass unsere Gesellschaft feminisiert sei und Männlichkeit sich in der westlichen Welt seit langem in der Defensive befindet. Dieses Leugnen gehört gewissermaßen zum Geschäftsmodell  von Frauen, die sich mit Hilfe von Opfermusikalität wachsende Einflussmöglichkeiten schaffen wollen. Zu dieser Machtarithmetik zählt auch, dass nach 16 Jahren Bundeskanzlerin und jeder Menge Frauen in Führungspositionen das Märchen von der Frau als Opfer des Patriarchats fruchtbringend aufrechterhalten wird.

Genau diese Manipulationsartistik ist Teil von toxischer Weiblichkeit. Eine toxische Frau ist eine Nebelwerferin, eine Verschleierungsarbeiterin. Mithin ist das, was wir Wokeness-Kultur nennen, eine Ausdrucksform toxischer Weiblichkeit. Deutlich wird dies in Konflikten durch eine Vorwärtsverteidigung, die wir auch Opfersalto nennen können. Eine Frau, die sich in die Enge getrieben fühlt, setzt den Gegenüber unter Stress, indem sie behauptet: Du liebst mich nicht mehr! Oder: Du nimmst mich nicht ernst! Oder: Du findest mich hässlich! Damit sorgt sie dafür, dass der Gegenüber sich in Beschwichtigungen und Rechtfertigungen verheddert und der im Raum stehende Vorwurf an Wucht verliert.

Kritikunterdrückung durch Sexismusvorwurf

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Diese Art Ablenkungsmanöver ist auf politischem Parkett laufend zu beobachten. Eine Ministerin, die Fehler macht, ist sachlich nicht kritisierbar, weil jede Infragestellung als frauenfeindlich abgeschmettert wird. Ausländische Mitbürger bleiben unangreifbar, weil der Kritiker mit dem Rassismusvorwurf rechnen muss. Solche strategischen Verdrehungen sind nur in feminisierten Gesellschaften weiträumig durchsetzbar. Denn über viele Generationen hinweg ist unter Frauen das Opfersein als Waffe zu höchster Meisterschaft verfeinert worden. Dazu gehört, dass auch dieser Satz als frauenfeindlich zu gelten hat.

Insbesondere Frauen selbst wissen hierüber viel zu berichten. Eine spontane Umfrage unter meinen weiblichen Freunden ergab eine reiche Anekdotensammlung über Stutenbissigkeiten, Hinterhältigkeiten, Missgünstigkeiten, Intrigen und Mobbing unter Frauen. "Wer Frauen kennt, weiß Männer zu schätzen", sagt eine Rechtsanwältin, die ungern mit ihren Geschlechtsgenossinnen zusammenarbeitet. Vielen ist bei toxischer Weiblichkeit sofort die eigene Mutter eingefallen.

Aggression um Unsicherheit und Angst zu überspielen

 

 

Eine Dolmetscherin litt als kleines Mädchen darunter, dass ihre Mutter depressiv war, ängstlich, überangepasst und frustriert. Gegenüber Außenkontakten war sie unterwürfig, innerhalb der Familie regierte sie mit herrischem Gekreische. "Sie hat uns Kinder immer kleinzuhalten versucht", erinnert sich ihre Tochter. "Nie wurde ich oder meine Geschwister ermuntert oder gelobt." Die Mutter gab ihre Lebensängste wie einen Virus weiter. "Ihren Mollton habe ich bis heute im Ohr", sagt die Dolmetscherin.

Dieses Beispiel dürfte zu den Standardmodellen der ganz gewöhnlichen gifteinflößenden Mittelschichts-Mutter gehören. Es gibt aber auch "Sonderausführungen" wie Magda Goebbels, die im Führerbunker 1945 der toxischen Weiblichkeit ein schauriges Denkmal gesetzt hat. Joachim Fest hat in seinem Buch "Der Untergang" überliefert, wie die Ehefrau von Hitlers Propagandaministers Joseph Goebbels am Abend des 1. Mai ihre sechs Kinder mit Blausäure umbrachte. "Eine Welt, die nach dem Führer und dem Nationalsozialismus kommt, ist nicht wert, darin zu leben", erklärte Mutter Goebbels. Nach dem Mord an ihren eigenen Kindern sagte sie zu ihrem Mann "Es ist vollbracht!" und legte weinend eine Patience.

Selbstbewusste, kraftvolle Frauen haben Humor

"Aggressives Märtyrerdasein", so beschreibt eine meiner Befragten das Phänomen toxischer Weiblichkeit. Mit diesem Schleudertrauma widerstrebender Kräfte haben wir bei Frauen zu rechnen. Rette sich, wer kann, wem dies begegnet. Wir wollen jedoch dieses Thema nicht ausklingen lassen ohne einen Hinweis auf die Gegenmodelle zu solchen weiblichen Unarten. "Frauen haben auch ihr Gutes!", lässt uns Loriot in seinem Film "Pappa ante Portas" wissen.

Und tatsächlich begegnen mir immer wieder Frauen, die ganz und gar nicht toxisch sind. Ich habe häufig darüber nachgedacht, was diese Frauen von toxischer Weiblichkeit unterscheidet. Mein vorläufiger Befund lautet: Es ist die Selbstwirksamkeit. Wer innerlich überzeugt ist, aus eigener Kraft schwierige Situationen meistern zu können und überhaupt Spuren des Guten in dieser Welt zu hinterlassen, ist nicht dazu verdammt, toxisch zu sein. Zu erkennen sind solche Frauen übrigens oft sehr schnell: Sie haben Humor.

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