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Die Verträge der ehemaligen rbb-Intendantin Patricia Schlesinger waren wohl unwirksam

Zu diesem Ergebnis kommt ein im Auftrag des rbb erstelltes Gutachten einer externen Anwaltskanzlei. Die Anwälte rügen die Abrechnung privater Kosten als dienstliche Ausgaben. In Sachen Dienstwagen bescheinigen sie der ehemaligen Intendantin jedoch rechtmäßig gehandelt zu haben.
RBB: Verträge mit Patricia Schlesinger waren womöglich ungültig
Foto: Monika Skolimowska (dpa) | Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Verträge des RBB mit Patricia Schlesinger ungültige waren.

Die zwischen dem rbb und seiner ehemaligen Intendantin Patricia Schlesinger geschlossenen Verträge sind womöglich unwirksam. Zu diesem Schluss kommen Anwälte der Kanzlei Lutz|Abel, die vom rbb mit einer internen Prüfung beauftragt wurden. 

Zahlreiche Mängel

Der rbb schloss mit Patricia Schlesinger im Juni 2016, im Juni 2018 sowie im Februar 2021 je einen Arbeitsvertrag. Laut dem Gutachten der Kanzlei Lutz|Abel wurde der am 06.06.2016 abgeschlossene Dienstvertrag „allein durch den Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf geschlossen, ohne dass der Verwaltungsrat zuvor einen entsprechenden Beschluss gefasst hatte“. Demnach sei „der Dienstvertrag vom 06.06.2016 bis zu seiner Beendigung unwirksam“ gewesen. Der mittlerweile zurückgetretene Wolf-Dieter Wolf steht ebenfalls im Rahmen der rbb-Affäre um Ex-Intendantin Schlesinger in der Kritik.

Auch für den Dienstvertrag vom 27.06.2018 „fehlte ein wirksamer Beschluss des Verwaltungsrats“. Hinsichtlich des Dienstvertrags vom 25.02.2021 habe „zwar formal ein Verwaltungsratsbeschluss“ vorgelegen. „Jedoch ergaben sich auch im Hinblick auf diesen Verwaltungsratsbeschluss sowohl Verfahrens- als auch Inhaltsmängel, die zur Nichtigkeit des Beschlusses führten.“

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Privatreise dienstlich abgerechnet

Auf das an Patricia Schlesinger gezahlte Gehalt habe die Unwirksamkeit keine Auswirkungen gehabt – denn „die Grundsätze des fehlerhaften Anstellungsverhältnisses“ seien anwendbar gewesen, „so dass Gehaltszahlungen im Rahmen dieses Dienstvertrages grundsätzlich nicht ohne Rechtsgrund erfolgten“ – wohl aber auf  Schlesingers Ruhegeld. Außerdem könne die Kündigung ihres Vertrages „auf die Fehlerhaftigkeit des Dienstverhältnisses gestützt werden, ohne dass es auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes ankäme“.

Eine London-Reise, die sie im September 2021 zusammen mit ihrem Mann Dr. Spörl unternahm, deren Kosten vom rbb getragen wurde, sei „nicht dienstlich veranlasst“. Die Reise habe „dem privaten Vergnügen von Frau Schlesinger“ gedient.

Private Kosten 

Das Gutachten beschäftigt sich darüber hinaus mit der „Rechtmäßigkeit der Kostenerstattung für neun Abendessen in der Privatwohnung von Frau Patricia Schlesinger im Zeitraum von Mai 2018 bis Mai 2022“. In „mindestens sieben“ dieser Abendessen habe Schlesinger „die internen Vorgaben zur Durchführung und Abrechnung von Bewirtungen auf Kosten des rbb in verschiedener Hinsicht missachtet.“ Insbesondere seien die Rechnungen nicht von einer weiteren Person im Vier-Augen-Prinzip geprüft worden. Stattdessen habe Schlesinger Erstattungsanträge für Ausgaben „allein unterzeichnet“ und entgegen der Regeln nicht dargelegt, warum es sich um dienstliche Abendessen gehandelt haben soll. Endgültig überprüft sei das allerdings bislang nur für ein Abendessen, weitere Verdachtsfälle seien Gegenstand der staatsanwaltlichen Ermittlungen. Zwar seien die rbb-internen Regeln für sie „nicht bindend“ gewesen. Sie habe jedoch gegenüber dem rbb „sogenannte Treuepflichten“. Indem sie private Abendessen über den rbb abgerechnet habe, habe sie „ihre eigenen Interessen über die des rbb gestellt.“

Demgegenüber sehen die Anwälte bei der Verwendung des Dienstwagens – anders als in den Medien dargestellt – keinen Verstoß. Dass auch Schlesingers Ehemann den Wagen genutzt habe, sei gestattet gewesen. Auch die Kosten für einen privaten Umzug seien nicht über den rbb abgerechnet worden.

Übergeordnete Ebene

Die Anwaltskanzlei spricht im Gutachten einige Handlungsempfehlungen: „Eine erhebliche Schwäche in der Compliance-Struktur des rbb liegt darin begründet, dass die Intendantin an die internen Richtlinien und Ordnungen des rbb mit Ausnahme der Reisekostenordnung rechtlich nicht gebunden war.“ Deshalb solle der Verwaltungsrat „in den Erlass und die Änderung von rbb-internen Verfahrensordnungen und Richtlinien“ eingebunden werden, damit auch für die Intendantin die „rbb-internen Regularien“ rechtsverbindlich würden.

Vor allem empfehlen die Anwälte der Kanzlei Lutz|Abel eine „eine Beschränkung der sehr weitgehenden sogenannten ‚Intendantenverfassung’ und eine Entwicklung hin zu einer modernen Korporationsverfassung mit spezifisch festgelegten Kontrollmechanismen“. Allerdings sei die Intendantenverfassung im rbb-Staatsvertrag „von den Landesparlamenten vorgegeben worden und entzieht sich daher der Selbstverwaltungshoheit der Anstalt“. Die Änderungen können deshalb „nur auf übergeordneter Ebene“ durchgesetzt werden. DT/jg

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