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„Polizeiruf 110: Heilig sollt ihr sein“ Kritik: Pathologische Glaubensanschauung

Der „Polizeiruf 110: Heilig sollt ihr sein“ handelt nicht von Religion, sondern von einer krankhaften Sicht auf die Religion. Von José García
Polizeiruf 110: Heilig sollt ihr sein
Foto: ARD | Unter der Wahnvorstellung, dass er eine Spätabtreibung um jeden Preis verhindern soll, schleicht sich Jonas (Tom Gronau), der sich Elias nennt, in einen OP.

Die ursprünglich vom DDR-Fernsehen entwickelte Kriminalfilmreihe „Polizeiruf 110“ wird seit 1993 im Wechsel mit den Folgen der „Tatort“-Reihe am Sonntagabend im Ersten ausgestrahlt. Der „Polizeiruf 110“ vom kommenden Sonntag mit dem Untertitel „Heilig sollt ihr sein“ wurde von Real Film Berlin im Auftrag des rbb produziert. Schauplatz ist Frankfurt (Oder), wo ein deutsch-polnisches Team mit Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Radczek (Lucas Gregorowicz) ermittelt.

Handlung von „Polizeiruf 110: Heilig sollt ihr sein“

Ihr aktueller Einsatz beginnt in einem Krankenhaus von Frankfurt (Oder). Dort wurde einer jungen werdenden Mutter das Kind „aus dem Bauch geschnitten“. Der Zuschauer hat allerdings einen Wissensvorsprung gegenüber Lenski und Radczek. Denn der Film von Hendrik Hölzemann (Drehbuch) und Rainer Kaufmann (Regie) hat die zwei Hauptpersonen vorher eingeführt: Die auf der polnischen Seite der Grenze lebende 16-jährige Larissa Böhler (Paraschiva Dragus) ist ungewollt schwanger. Gegenüber ihren Eltern Nikola (Julia Krynke) und Simon Böhler (Shenja Lacher) schweigt sie zur Frage, wer der Vater des Kindes ist. Als die Ärzte eine Trisomie 18 diagnostizieren, so dass das Kind mit schwersten Behinderungen auf die Welt kommen würde, verzweifelt Larissa, weil in Polen niemand eine Abtreibung vornehmen will.

Larissa entscheidet sich, ihrem Leben ein Ende zu setzen, und von einer Brücke zu springen. In dem Moment taucht scheinbar zufällig ein fremder junger Mann, Jonas Fleischauer (Tom Gronau), auf. Jonas, dem es gelingt, Larissas Verzweiflungstat zu verhindern, nennt sich „Elias“. Tags darauf erfährt „Elias“, dass ein Krankenhaus auf der deutschen Seite bereit ist, bei Larissa die Spätabtreibung vorzunehmen. Er schleicht sich in den OP, weil er sich dazu berufen fühlt, das Leben des ungeborenen Kindes zu retten.

Irritierender Titel

Warum die Filmemacher für ihren Polizeiruf 110 den Titel „Heilig sollt ihr sein“ gewählt haben, bleibt ihr Geheimnis. Denn der Film handelt nicht von irgendeiner Religionsausübung mit Heiligkeit als Ziel, sondern von einer krank- und wahnhaften Sicht der Religion. Jonas glaubt so sehr, er sei ein neuer Elias, dass er wie ferngesteuert handelt. Seine Mutter Magda Fleischauer (Anna Grycewicz), die im rbb-Pressetext als „überzeugte Katholikin“ dargestellt wird, glaube, das Böse sei „ihrer Ansicht nach immer das Werk des Teufels“. Deshalb sei sie davon überzeugt, dass ihr Sohn besessen sei. Der rbb-Text weiter: „Sie bringt Jonas deshalb regelmäßig zu einem polnischen Priester. Sie ist fest davon überzeugt, dass sich der Teufel mit Exorzismen austreiben lässt.“

In die Haupthandlung fügen die Filmemacher darüber hinaus ein Gewirr an Elementen ein, die sie offenbar für „typisch katholisch“ halten. Nicht nur, dass die Polizistin mit Bedauern feststellt: „In Polen ist Abtreibung legal, aber die Ärzte berufen sich auf die Gewissensklausel.“ Darüber hinaus wird als medizinisch nicht zu erklärendes Wunder angesehen, dass das Kind trotz medizinischer Tests gesund auf die Welt kommt. Als Höhepunkt stellt ein Arzt fest, dass Larissa das Kind empfangen habe, obwohl sie Jungfrau sei. Kommentar der Ermittlerin: „Unbefleckte Empfängnis“. Dass weder Drehbuchautor noch Regisseur den Unterschied zwischen „Jungfrauengeburt“ und „Unbefleckter Empfängnis“ kennen, ist symptomatisch für einen Krimi, der ein Mischmasch vermeintlicher, ihrer Auffassung nach katholischer Glaubensüberzeugungen präsentiert.

„Polizeiruf 110: Heilig sollt ihr sein“, Regie: Rainer Kaufmann, 90 Minuten. Sonntag, den 03. Mai, 20.15 Uhr, ARD

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