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"Tradwives": Zurück an den „Herd“?

Ein neuer „alter“ Lebensstil findet immer mehr Anhänger. Die „Tradwives“ möchten sich ganz Mann, Haus und Kinder widmen.
"Tradwife-Bewegung"
Foto: Jan Woitas (dpa-Zentralbild) | Der "Tradwife"-Bewegung ehören Frauen an, die sich dazu bekennen, am liebsten nicht erwerbstätig sein zu müssen und sich stattdessen um Haus und Kinder zu kümmern – und vor allem um den Ehemann.

Alena Petitt, eine bekannte Lifestyle-Bloggerin, ist zum Gesicht der #tradwife-Bewegung geworden. Dieser gehören Frauen an, die sich dazu bekennen, am liebsten nicht erwerbstätig sein zu müssen und sich stattdessen um Haus und Kinder zu kümmern – und vor allem um den Ehemann, dem sie, wie es Petitt formuliert, gerne „dienen“ möchten. Kuchen backen, Wäsche bügeln, Ordnung ins häusliche Chaos bringen, während der Mann arbeiten geht und das Geld nach Hause bringt - ganze Generationen vor uns führten dieses Leben. Und so ist das Vorbild für die „Tradwives“ das Dasein, wie es noch in den fünfziger Jahren für einen Großteil britischer und irischer Frauen der Normalfall war.

Liebe zur Häuslichkeit wird mit Unverständnis und Neid begegnet

Wie Eilis O’Hanlon auf der irischen Internetplattform Independent.ie darlegt, ist das #tradwife-Phänomen mit dem Namen Petitt verbunden, deren - auf ihrem YouTube-Kanal präsentierten - Liebe zur Häuslichkeit nicht selten Unverständnis und manchmal heimlichen Neid von Frauen weckt, die sich einer Karriere außerhalb des Hauses verschrieben haben. Wie sollten sie als berufstätige Frauen, so möchten sie gerne wissen, „zu Hause bleiben können, wenn sie doch ausreichend Geld verdienen müssen, um die Hypothek für das Haus und die Rechnungen zu bezahlen?“ Gehe es letztendlich nicht hauptsächlich darum?, fragt O’Hanlon. Immer mehr Frauen müssten einfach deshalb arbeiten gehen, damit ihre Familie ein Dach über dem Kopf habe - und dann müssten sie ja auch noch die ganztägige Kinderbetreuung bezahlen, deren durchschnittliche Kosten in Irland derzeit bei 184 € wöchentlich lägen – in der Hauptstadt Dublin und in den benachbarten Landkreisen zahle man sogar mehr als 200 € pro Woche. Bei alldem stünden sie in vielerlei Hinsicht nicht besser da als die Frauen Jahrzehnte zuvor.

„Sind wir denn alle glücklicher, weil wir härter arbeiten?“ Studien deuteten jedenfalls nicht darauf hin. Trotz der Ansicht, dass es früher in Irland schrecklich gewesen sein muss, weise alles darauf hin, „dass die Menschen damals zufriedener und weniger ängstlich waren. Das schließt auch Frauen mit ein, die tagsüber sehr viel weniger Freiheiten hatten und nach der herkömmlichen Denkweise total bemitleidenswert sein mussten“. Doch, so räumt O’Hanlon ein, „zu Hause zu bleiben, um Kekse zu backen und die Socken der besseren Hälfte zu bügeln, eignet sich nicht für jeden, nicht zuletzt deshalb, weil es von den Frauen verlangt, Männer zu finden, die in finanzieller Hinsicht hinreichend erfolgreich sind, um eine Frau und eine Familie mit einem einzigen Einkommen zu ernähren – eine beachtliche Leistung in unserem Wirtschaftssystem –, oder die bereit sind, viele materielle Annehmlichkeiten zu opfern“.

Ohne eigenes Einkommen psychisch verunsichert?

Kein eigenes Geld zu verdienen, könnte darüber hinaus viele Frauen psychisch verunsichern. Doch früher war es ja für eine Familie noch möglich, von einem einzigen Einkommen zu leben, und möglicherweise werden diejenigen heimlich beneidet, die sich dem System entziehen und einfach zu Hause bleiben. „Es ist jedenfalls seltsam“, bemerkt O‘Holan, „dass wir in einer Welt leben, die mit allen möglichen Lebensformen gelassen umgeht - mit nicht-monogamen, polyamoren oder was auch immer -, doch sobald eine Frau sagt, dass sie in einem traditionellen Zwei-Eltern-Familienhaushalt leben und zu Hause bleiben möchte und das Abendessen vorbereitet, während der Mann jeden Morgen ins Büro geht, so ist das plötzlich ein Problem.“

Petitt betreibt die Webseite „The Darling Academy“, mit der sie Frauen anregen möchte, sich ihrer femininen Seite ganz hinzugeben und den „traditionellen britischen Lebensstil“ kennenzulernen. Kritik an den „Tradwives“ bleibt indes nicht aus. So werden sie als „alt-right“, als „rechtsextrem“ oder sogar als „weiße Rassisten“ geschmäht, obwohl Haus- und Familienarbeit von Frauen überhaupt nicht ausschließlich in westlichen Kulturen geleistet werde: „Die Anzahl der Dinge, die heutzutage ein offensichtlicher Beweis für Faschismus sein sollen, ist beachtlich“. Viele Menschen seien zu „dünnhäutigen Hysterikern geworden, die einfach nicht mit dem zurechtkommen, was nicht ihrer engen Weltanschauung entspricht“.

Viele Frauen erlebten das, was Petitt in ihrem früheren Berufsleben als Marketingleiterin in der Kosmetikbranche widerfuhr: „Mein Selbstwertgefühl war auf seinem Tiefpunkt“. Sie empfand ihr Arbeitsumfeld als „toxisch und unangenehm“ und wollte da heraus.

Die Tradwives hätten jedenfalls, folgert O’Holan, „das gleiche Recht wie jede andere Frau, ihre Geschichte in ihren eigenen Worten zu erzählen, ohne von anderen Frauen niedergebrüllt zu werden, die jene gering schätzen, denen es egal ist, was die Gesellschaft von ihnen denkt“.

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Redaktion Rechtsradikalismus

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