Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung

Spanien: Sozialistische Regierung organisiert den Gesellschaftsumbau

Die neue spanische Regierung will die Verfassung überarbeiten lassen. Gleichstellungsministerin Carmen Calvo will damit eine „gendergerechte Sprache“ durchsetzen.
Gendergerecht
Foto: Reuters | Gender-neutrale Toilette, gendergerechte Sprache. Manches kommt einem spanisch vor.

Unabhängig von einer eventuellen juristischen Verfassungsreform sei es nach Ansicht Carmen Calvos „notwendig, zunächst einmal über einen Text zu verfügen, der uns Frauen einschließt“. Ihrer Meinung nach sei der Verfassungstext zu einer Zeit entstanden, in der eine „männliche Gesellschaftssicht dominiert“ habe. Dabei gehört die spanische Verfassung, die 1978 in Kraft trat, zu den eher jüngeren in der westlichen Welt.

Gesucht: Eine „Frauen einschließende“ Sprache

„In der männlichen Form sprechen“ schaffe „männliche Bilder“, so Calvo. Deshalb hat die Gleichstellungsministerin die spanische Sprachakademie „Real Academia Espanola“ (RAE) – deren Entscheidungen wie in Frankreich bindenden Charakter haben – um eine Stellungnahme gebeten. Sie soll „die erforderlichen Veränderungen“ benennen, damit die Verfassung eine „Frauen einschließende“ Sprache aufweise.

„Jeder“ oder „Jede Person“?

Dass es dabei um viel mehr geht als um eine akademische Debatte über Sprachformen, dürfte klar sein. Spätestens dann, wenn (immer noch aus Gründen der Geschlechtergerechtigkeit) aus „Jeder“ kurzerhand „Jede Person“ wird. Denn damit wird – quasi nebenbei – das Lebensrecht Ungeborener verneint, insoweit es sich (nach herrschender Meinung) nicht um „Personen“ handelt. Bis dato sind sie aber noch in der „Jeder“-Formulierung enthalten, weil sie auf den Umstand des Lebendigseins abhebt, der weniger voraussetzungsreich ist als das Personsein (ähnlich wie im deutschen Grundgesetz bzw. gemäß der Rechtsprechung des BverfG).

Der Gesellschaftsumbau beginnt typischerweise mit Sprachregelungen. Gerade totalitäre Regime legen größten Wert auf eine opportune Begrifflichkeit. Davon ist Spanien noch weit entfernt. Dennoch ist Vorsicht geboten, wie Andrea Schultz deutlich macht.

Die Zeitungsschau aus Spanien können Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 26. Juli 2018 leben. Kostenlos erhalten Sie diese Ausgabe hier.

DT (Josef Bordat)

Themen & Autoren

Weitere Artikel

Kirche

Eine Tagung in Stift Heiligenkreuz mit Erzbischof Georg Gänswein und Kardinal Kurt Koch befasste sich mit der Relevanz des Priestertums heute. 
18.04.2024, 13 Uhr
Leander Lott