Wie auf weißen Wölkchen wachsen auf dem graublauen Einwickelpapier eines Tokioter Sojahändlers fächerförmig braungoldene Büschel von Tang oder Farnen. So gemustert ist der Einband der Nummer 1 308 der Insel-Bücherei, in deren bunte Reihe das Bändchen sich schmuck einfügt. Schlägt man es auf, dann trifft man zwischen den für den Mitteleuropäer lesbaren Texten in einer üblichen Adobe Garamond Pro auf Reihen von japanischen Schriftzeichen, die hübsch wie Hängepflanzen senkrecht nach unten rieseln. Was da japanisch verpackt in deutscher Sprache erscheint, sind nun nicht etwa japanische Haiku-Gedichte in deutscher Übersetzung, sondern deutsche, um nicht zu sagen deutschstämmige Haikus.
Siebzehn Silben des Augenblicks
Im Inneren des poetischen Menschen – Deutsche Haikus von Durs Grünbein