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Schriftsteller Tellkamp beklagt Gesinnungskorridor

Von einem „Wehret den Anfängen“, dem das „Wehret dem Ende“ längst abhanden gekommen ist, spricht der Schriftsteller Uwe Tellkamp in einem offenen Brief, in dem er die „Erklärung der Vielen“ kritisiert.
Schriftsteller Tellkamp kritisiert Erklärung der Vielen
Foto: Sebastian Kahnert (dpa-Zentralbild) | Die Erklärung zeuge von nichts anderem als dem moralischen und intellektuellen Bankrott der Initiatoren und zeige „den viel bestrittenen Gesinnungskorridor“ ebenso erschütternd wie deutlich.

Der Schriftsteller Uwe Tellkamp kritisiert die bundesweite Kampagne „Erklärung der Vielen“ mit deutlichen Worten. Diese sieht der Dresdner Autor als „Tiefpunkt der Debatten- und Toleranzkultur“. Die Erklärung zeuge von nichts anderem als dem moralischen und intellektuellen Bankrott der Initiatoren und zeige „den viel bestrittenen Gesinnungskorridor“ ebenso erschütternd wie deutlich. „Was bleibt, ist Hysterie – ein ,Wehret den Anfängen', dem das ,Wehret dem Ende' längst abhanden gekommen ist“, schreibt Tellkamp in einem offenen Brief, der auf der rechten Online-Plattform „sezession.de“ veröffentlicht wurde.

Tellkamp kritisiert Positionierung gegen "rechts" nicht aber gegen "links"

In der von Tellkamp kritisierten „Erklärung der Vielen“ hatten sich am 9. November fast 400 Künstler, Verbände und Kultureinrichtungen zum Engagement gegen Nationalismus und Intoleranz und für die Freiheit der Kunst verpflichtet. Der Anstoß zu der Aktion kam vom Verein „Die Vielen“, der von der Stiftung des Fotografen Wolfgang Tillmans unterstützt wird.

Der 50-jährige Tellkamp, bekannt geworden durch seinen Wenderoman „Der Turm“, kritisiert zudem, dass sich in seiner Heimatstadt Dresden nahezu die gesamte öffentliche und öffentlich geförderte Kulturszene gegen „rechts“, nicht aber gleichzeitig gegen „links“ stelle. Damit erteile man dem Extrem auf der einen, nicht aber auf der anderen Seite eine Absage. „Eine solche institutionell getragene Intoleranzmaßnahme und –erklärung, ihr Auftritt allerdings mit Rettungs-Goldfolie und im Ton der lautersten Moral und Selbstgerechtigkeit, hat es seit der Biermann-Affäre nicht mehr gegeben. Das sind die Zustände, das ist das Land.“

Tellkamp: Soziale Medien bilden Meinungen ausgeglichener ab

Dagegen äußert sich Tellkamp lobend über die Sozialen Medien. Dort herrsche, soweit er dies beurteilen könne, „eine ausgeglichenere Abbildung der Lage und der Meinungen als in den meisten klassischen Medien“. Soziale Medien seien oft Ventil für Stimmen, die anderswo keine Chance mehr hätten, gehört zu werden. Mit der dort vorherrschenden Debattenkultur ist er dennoch nicht immer einverstanden. „Ob diese Stimmen, was Höflichkeit und Stil betrifft, sich immer angemessen äußern, ist eine andere Frage.“ Gleichzeitig zweifelt Tellkamp an der Behauptung, in den Sozialen Medien dominiere „das sogenannte dunkle Deutschland“.

"Kultur wird preisgegeben wenn sich Einwanderung in den bisherigen Größenordnungen fortsetzt"

Der Schriftsteller Tellkamp betont in seinem offenen Brief auch, dass Rassismus keinen Platz haben dürfe. „Wer an Leib und Leben bedroht wird, dem muß nach Kräften geholfen werden, im Sinne des Gesetzes und des Mitleids, gerade Deutschland hat hier eine Verantwortung, ja, Pflicht.“ Es müsse jedoch möglich sein, darüber zu diskutieren, „ob wir in der Lage sind und sein wollen, allem Elend dieser Welt abzuhelfen; ob das Elend dieser Welt tatsächlich nichts als eine Last aus kolonialer Vergangenheit ist, für die Europa in Form von Zuwanderung nun eine Art von Buße tun muß; ob wir nicht nur Flüchtlingen helfen, sondern auch Migranten, die in Deutschland nicht in allererster Linie Zuflucht vor Verfolgung suchen, sondern das Land als Verheißung einer besseren Zukunft sehen, und nicht in dem Sinne bedroht sind, wie es Asylgesetzgebung und Grundgesetz formulieren; ob wir unser Land und unsere Kultur einfach preisgeben wollen“. Denn die Kultur werde preisgegeben, so Tellkamp, wenn sich die Einwanderung in den bisherigen Größenordnungen fortsetze. „Und bis jetzt tut sie das, entgegen anderslautender und beschwichtigender ,Narrative'.“

DT/mlu

Die Hintergründe zu diesem Thema finden Sie in der Wochenausgabe der Tagespost.

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