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Rettet das generische Maskulinum!

Mit seiner neuen Regelung schafft der Duden neue Genderungerechtigkeiten statt diese endlich aufzuheben.
Schriftzug *Innen auf Duden
Foto: Christian Ohde (www.imago-images.de) | Der Duden gendert von nun an: Ein Mieter ist nicht mehr "jemand, der etwas gemietet hat", sondern eine "männliche Person, die etwas gemietet hat".

Der Online-Duden soll überarbeitet werden. Ein Mieter ist nicht mehr „jemand, der etwas gemietet hat“, sondern eine „männliche Person, die etwas gemietet hat“. Für jeden Wortartikel soll es jeweils einen zweiten für eine weibliche Form geben – so für die „Mieterin“. Das generische Maskulinum, das sich geschlechtsneutral auf Männer und Frauen beziehen kann, soll damit faktisch verschwinden.

Grammatisch operiert der Duden im Nebel

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Zur Begründung teilt der Duden-Verlag mit: „Die männlichen Formen waren nie geschlechtsneutral, wir präzisieren im Rahmen der kontinuierlichen redaktionellen Arbeit an unseren Inhalten lediglich die Bedeutungsangaben.“ Das ist zumindest teilweise irreführend. Bedeutungsgeschichtlich hat der Duden Recht. Grammatisch operiert er im Nebel.

Die Duden-Grammatik schreibt: „Am Substantiv selbst ist das Genus nicht direkt erkennbar.“ Der Linguist Peter Eisenberg schrieb dazu kürzlich: „An dem Satz ‚Die meisten Leser von Christa Wolf sind Frauen‘ ist nichts Auffälliges. Dagegen ist der Satz ‚Nur wenige der Leserinnen von Christa Wolf sind Männer‘ sinnlos. Er hat im Deutschen keine Bedeutung.“ Das Deutsche sei voller generischer Kategorien, so Eisenberg; sie dienen nicht dem Zwang, sondern der Befreiung von kommunikativen Zwängen durch die Grammatik.

In Wahrheit ist das generische Maskulinum das Relikt einer vorbildlicheren, weil gendersensibleren Sprachvergangenheit: inklusiv und geschlechtsabstrahierend. Zur Genderungerechtigkeit führten dagegen erst die Wörter, die nun als Lösung angepriesen werden.

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