In die Debatte über das Naturrecht ist seit Kurzem wieder neues Leben gekommen. Anfang November diskutierte im Bonner Albertinum der philosophische Arbeitskreis „Vernunft und Glaube“ um Hanns-Gregor Nissing und Berthold Wald über die Universalität des Naturrechts (DT vom 6. November) und gut eine Woche später kamen der Staatsrechtler Ernst-Wolfgang Böckenförde und der Philosoph Robert Spaemann in ihrem Gespräch in der Katholischen Akademie in Bayern auch auf die Thematik des Naturrechts und des vorpositiven Rechts zu sprechen (DT vom 17. November). Eines war an diesem Abend im herbstlichen München für beide Gesprächspartner klar: Es gibt die Wahrheit, es gibt eine Unterscheidung zwischen wahr und falsch, gut und böse.
Natur und Naturrecht
Wer heute auf die Gesellschaft und ihre Subjekte schaut, wählt als philosophischen Zugang meist einen materialistischen oder utilitaristischen Ansatz. Umso erstaunter war man, als Papst Benedikt XVI. bei seiner Rede im Deutschen Bundestag an die Dimension des guten alten Naturrechts erinnerte. Seitdem befassen sich auch die zeitgenössischen Philosophen wieder stärker damit. Zu Recht: Das Naturrecht ist relevant und korrespondiert mit der Tugend-Ethik. Es ist anschlussfähig an die Ethik der Institutionen und Strukturen. Ein Debattenbeitrag. Von Hans Otto Seitschek