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Kolloquium gegen die "woke" Ideologie

Auf einem Kongress in Paris äußern sich renommierte Referenten gegen die Etablierung der „Wokeness“ in Universitäten und Gesellschaft.
Frankreichs Bildungsminister Jean-Michel Blanquer
Foto: Jonathan Rebboah via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Hielt die Eröffnungsrede des Kongresses: Frankreichs Bildungsminister Jean-Michel Blanquer.

Es sei ein „Kolloquium der Schande“, ein „faschistisches“ und „pseudowissenschaftliches“ Kolloquium – „reaktionär“ und „rechtsextrem“ -, empörten sich „die maßgeblichen Kräfte der dekolonialen Ultra-Linken, die mit Kanonenkugeln auf das von dem Collège de philosophie, dem Comité Laïcité République sowie dem Observatoire du décolonialisme am 7. und 8. Januar an der Sorbonne organisierten Kolloquium schossen“, berichtet Valérie Toranian für die Revue des Deux Mondes – die 1829 gegründete und damit älteste noch existierende Kulturzeitschrift Europas.

Eröffnungsrede des französischen Bildungsministers

Unter dem Motto „Nach der Dekonstruktion – die Wiederherstellung der Wissenschaften und der Kultur“ müssen wir „die Dekonstruktion dekonstruieren“, wie der französische Bildungsminister Jean-Michel Blanquer in seiner Eröffnungsrede ankündigte. Denn letztlich sei „die Versuchung zum Löschen der Vergangenheit, der Geschichte, der Kunst, der Literatur und der Gesamtheit des zivilisatorischen Erbes des Abendlandes zum Scheitern verurteilt“, stellten die Organisatoren der Veranstaltung fest. Man müsse den von den französischen Studenten- und Dozentengewerkschaften ausgeübte ideologische Kontrolle der Universitäten, den Seminaren über Transphobie, den intersektionellen Gender Studies und dem Canceln unerwünschter Veranstaltungen durch militante Gruppen etwas entgegensetzen.

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Jeglicher Versuch zum Widerstand gegen die „herrschende intellektuelle Meinung wurde als Komplott mit dem Kapitalismus, dem amerikanischen Imperialismus und dem Faschismus wahrgenommen“, schreibt Toranian. Und so sei auch den Veranstaltern und Referenten des Kolloquiums vorgeworfen worden, „Rassisten, Identitäre, Suprematisten und Faschisten“ zu sein. In Le Monde sei eine Unterschriftenaktion dekolonialer Dozenten für das Verbot der Tagung erschienen, in Libération und Médiapart anklagende Beiträge, und Verbände riefen zum Boykott dieses „Kolloquiums der Schande“ auf.

Trotz der vielen Einschüchterungen habe der Kongress stattgefunden: „Zwei Tage lang mit 1200 angemeldeten Teilnehmern und 70 Referenten, um die Bilanz des dekolonialen Einflusses zu ziehen und über die Möglichkeiten nachzudenken, wie man widerstehen kann“. Es sei ein wahrer Erfolg gewesen, der sich besonders der Qualität der eingeladenen Redner verdanke: Neben vielen weiteren Persönlichkeiten des intellektuellen Lebens in Frankreich sprachen der Philosoph Pierre Manent, der Ideenhistoriker Pierre-André Taguieff, die Historiker Pierre Vermeren und Christophe de Voogd, der Schriftsteller Pascal Bruckner sowie der Essayist Mathieu Bock-Côté.

Themenvielfalt: Gender, Neofeminismus, Ökofeminismus

Die Vielfalt der aufgeworfenen Themen habe ermöglicht, so Toranian weiter, „das Ausmaß des dekolonialen Denkens zu begreifen, das sich nicht mehr damit zufriedengibt, die Humanwissenschaften zu kontaminieren, sondern auch die Musik, die Mathematik und die Physik attackiert“. So etwa werde ein Sonett von Ronsard als „Ausdruck der Vergewaltigungskultur interpretiert, Tapisserien in der Villa Medici in Rom werden als Symbole der Sklaverei angeklagt, die ersten Noten des Allegrio con brio der V. Symphonie Beethovens werden als Metapher für Vergewaltigung betrachtet…“

Alle Vorträge zu den Themen des Kolloquiums – wie etwa „Gender, Neofeminismus, Ökofeminismus“, „Der Islam an der Universität“, „Totems und Tabus der Cancel Culture“, „Die Rückkehr der Rasse“ sowie viele weitere - sind auf der Webseite des Observatoire du décolonialisme als Audiostream verfügbar.  DT/ks

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