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Keine Impfpflicht – nirgends

Warum das gut ist.
Impfungen gegen COVID-19 haben begonnen
Foto: dpa/ Jens Büttner | Die Impfungen gegen SCOVID-19 nehmen ihren Lauf. Jetzt gibt es eine Debatte um eine ethische Pflicht, sich impfen zu lassen.

Die SARS-CoV-2-Pandemie ist nicht vorbei. Trotz niedriger Inzidenzwerte. Soweit, so klar. Vieles andere ist weniger klar. Etwa, welchen Schutz die Impfstoffe bieten. Bislang gewährleistet keiner der europaweit bedingt zugelassenen COVID-19-Impfstoffe auch eine „sterile Immunität“. Das bedeutet: Wer sich impfen lässt, kann im schlimmsten Fall auch nach Erreichen des vollständigen Impfschutzes, weiterhin an COVID-19 erkranken. Er kann, auch wenn er nicht an COVID-19 erkrankt, sich mit dem Virus infizieren und dieses nach wie vor – unbemerkt – an andere weitergeben. Die Wahrscheinlichkeit dafür sinkt, aber das ist auch schon alles. Deshalb pochen die Behörden auch bei vollständig Geimpften weiterhin auf das Einhalten der AHAL-Regeln, zu denen neben Abstand halten auch die Beachtung der Hygieneregeln (Händewaschen und im Alltag Maske tragen) sowie das Lüften gehören.

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Schutz vor schwerem Verlauf

All das braucht nicht wundern. Ziel der Impfstoffentwickler war es lediglich, Menschen lediglich vor einem schweren Verlauf der Erkrankung zu schützen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Weil die Impfstoffe jedoch keine sterile Immunität gewährleisten, erübrigt sich jede Diskussion über eine Impfpflicht aber von ganz allein. Um eine Körperverletzung, einschließlich der Inkaufnahme von zwar nicht häufig, aber eben doch hin und wieder auftretenden schwerwiegenden Nebenwirkungen anordnen zu können, bräuchte es sehr überzeugende Gründe. Und die sind hier – anders als etwa im Falle von Masern – nun einmal nicht gegeben. Das mag im Deutschen Ethikrat, wie diese Woche deutlich wurde, nicht jedem einleuchten, seiner klug abwägenden Vorsitzenden leuchtet es ein.

Deutschland ist nicht Frankreich

Auch wenn Frankreichs Staatpräsident Emmanuel Macron gern einen anderen Eindruck zu erwecken sucht, eine philosophische Leuchte ist er nicht. Das zeigt nicht nur die Rede vom „Krieg“, in dem er die Welt mit einem Virus wähnt, sondern mehr noch seine so verfehlte wie gewaltsam durchgeboxte Reform der französischen Bioethikgesetze. Die Ankündigung einer Impflicht für Angestellte im Gesundheitswesen überrascht daher dort nicht. Doch Deutschland ist nicht Frankreich. Deutschlands scheinende Kanzlerin hat gestern noch einmal auf einer Pressekonferenz des Robert-Koch-Instituts bekräftigt, dass die Bundesrepublik es bei seinen – mittlerweile auch niederschwellig angebotenen – Impfangeboten belassen will.

Der Pfad der Tugend

Verschwörungstheoretikern wird auch das nicht das Wasser abgraben. Allen übrigen zeigt es jedoch: Deutschland hat, was die Eingriffe in Grundrechte der Bürger angeht, zurück auf den Pfad der Tugend gefunden. Ob aus tieferer Einsicht oder auch nur, weil die Bundestagswahl immer näher rückt, kann dahin gestellt bleiben. Möglich ist sicher beides.

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Stefan Rehder Emmanuel Macron Nationaler Ethikrat

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