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Ist das Emanzipation in den sechziger Jahren?

Unglückliche Ehen, Fremdgehen, Erpressung: Die dritte Staffel der ZDF-Serie „Ku'damm 63” handelt vom Kampf dreier Schwestern um Selbstbestimmung, nun in der „Adenauer-Ära“.
Ku'damm 63
Foto: ZDF/Boris Laewen | Familienidyll: Die Schwestern Eva (Emilia Schüle, links) und Helga (Maria Ehrich) schauen zusammen mit deren Mutter Caterina Schöllack (Claudia Michelsen) und Fritz Assmann (Uwe Ochsenknecht) der dritten Schwester ...

Der Zusammenprall der Moral- und Benimmvorstellungen einer traditionell erzogenen Mutter mit der Sehnsucht nach Selbstbestimmung ihrer drei heiratsfähigen Töchter steht im Mittelpunkt der Serie „Ku'damm“, von der nun die dritte Staffel im ZDF ausgestrahlt wird.

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In „Ku'damm 56“ (2016) dreht sich alles um die von Caterina Schöllack (Claudia Michelsen) geleitete Tanzschule „Galant“ am Berliner Kurfürstendamm 56. Caterinas Töchter Helga (Maria Ehrlich), Eva (Emilia Schüle) und Monika Schöllack (Sonja Gerhardt) erleben am eigenen Leib die Umkehrung bestimmter Werte im Zuge des „Wirtschaftswunders“, das Mitte der 1950er Jahre in West-Berlin allgegenwärtig ist.

Die Serie stammt von Annette Hess, die seit der Fernsehserie „Weissensee“ (2010–2013, DT vom 26.09.2015) zu den bekanntesten Serienautoren zählt, was sie zuletzt mit „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ (DT vom 18. Februar) unter Beweis gestellt hat.

Verbitterter Kampf um Emanzipation

Nach der zweiten Staffel „Ku'damm 59“ (2018), in der zwei der drei Schöllack-Töchter unglücklich verheiratet sind, was ihren Kampf um Emanzipation noch verbitterter macht, folgt nun die dritte Staffel: „Ku'damm 63“. Dazu führt Heike Hempel, stellvertretende ZDF-Programmdirektorin, aus: „Die Schöllack-Schwestern sind jetzt erwachsene Frauen, die mit ihren Lebensentscheidungen konfrontiert werden und mit einer Gesellschaft, die nicht so frei ist, wie sie vorgibt zu sein.“

„Das Produktionsdesign und die Musikuntermalung
sind erneut hervorragend gelungen.“

In den 60er Jahren ist nicht nur die Kleidung bunter geworden. Auch die Musik wird internationaler und Rock n'Roll immer beliebter. Thematisiert wird sowohl der historische Besuch John F. Kennedys in Berlin am 26. Juni mit dem berühmten Ausspruch „Ich bin ein Berliner“ als auch die Mauer, die seit nunmehr zwei Jahren Deutschland, aber ganz besonders auch die Stadt teilt. Das Produktionsdesign und die Musikuntermalung sind erneut hervorragend gelungen.

Antisemitismus keimt erneut auf

Vordergründig geht es um die Entwicklung der jeweiligen Ehe der drei Schwestern. Zwischen Monika und Joachim Franck (Sabin Tambrea) scheint sich alles zunächst zum Besten zu wenden. Die Beziehung gerät aber nach einem dramatischen Ereignis in eine tiefe Krise. Monika stürzt sich gemeinsam mit Freddy Donath (Trystan Pütter), dem Vater ihrer Tochter, in die Arbeit. Denn sie wollen gemeinsam für die alternde Diva Hannelore Lay (Helen Schneider) ein Lied für den Grand Prix d?Eurovision de la Chanson komponieren. Freddy, dessen Bruder im Konzentrationslager ermordet wurde, leidet unter dem sich in Deutschland wieder Bahn brechenden Antisemitismus.

Nachdem Mutter Caterina von einem Auto angefahren wurde, übernimmt Helga kurzfristig die Leitung der Tanzschule. Sie stellt den argentinischen Tanzlehrer Amando Cortez (Giovanni Funiati) ein, mit dem sie eine Affäre beginnt.

Eva erpresst ihren Mann, den Medizinprofessor Jürgen Fassbender (Heino Ferch), und baut sich mit dessen Geld ein Leben als Galeristin auf. Doch Fassbender beginnt aufzubegehren. Für Caterina stellt dies eine unhaltbare Situation dar, und sie nimmt die Sache in die Hand. Sie selbst trifft durch einen Zufall Fritz Assmann (Uwe Ochsenknecht) wieder.

Wirklich repräsentativ für die Adenauer-Zeit?

Für die Entwicklung der drei Schwestern Helga, Eva und Monika fand Serienschöpferin Annette Hess erklärtermaßen Inspiration in den „Erzählungen meiner Eltern über diese Zeit“. Wie repräsentativ sie für die westdeutsche Gesellschaft der sogenannten Adenauer-Ära sein mögen, sei allerdings dahingestellt.


„Ku'damm 63“. Serienschöpferin: Annette Hess, Hauptautor: Marc Terjung. Regie: Sabine Bernardi. Deutschland 2021, 3-teilige Serie mit insgesamt 270 Minuten. So., 21.3., Mo., 22.3. und Mi., 24.3., jeweils 20.15 Uhr, ZDF. In der ZDF-Mediathek ab Samstag, den 20.3.

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José García

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