Es gibt den wunderbaren Satz: „Es gibt keine Wahrheit“, so die Religionsphilosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz. Und sie stellt gleich die Gegenfrage: „Ist das wahr?“. Das sei zwar „sehr spitzfindig, aber trotzdem großartig. Wenn alles nicht stimmt, dann stimmt natürlich auch die Behauptung nicht“. Doch was ist überhaupt „wahr“? Wie gelingt es, über das rein formale Behaupten hinauszukommen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Religionsphilosophin im Interview mit der Medienakademie für katholische Apologetik (MAKA).
Wir leben in einer Kultur der Individualisierung
Wir leben in einer Kultur der Individualisierung, meint Gerl-Falkovitz. Jeder Einzelne habe eine bestimmte Prägung – durch Sprache, Religion oder verschiedene Zugangsweisen zur Wirklichkeit. Individuelle Meinungen würden oft völlig aufeinanderprallen. Untersuchen können man die unterschiedlichen Meinungen erst dann, „wenn wir einen Abgleich machen mit einer dritten Größe, auf die wir sie beziehen“.
Dadurch werde klar, dass es Stellungnahmen gebe, die nicht prinzipiell falsch seien, die aber einen Teil ausschließen. Methodisch wichtig sei es, sich auf einen spezifischen Untersuchungsgegenstand zu einigen und anzuerkennen, dass es Arten gebe, diesen besser oder schlechter zu beschreiben und sich ihm anzunähern. „Schon die Annäherung ist großartig.“ Dann könne man zu der bemerkenswerten Erkenntnis gelangen: „Die Wahrheit ist größer als wir.“
DT/mlu
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