Heiligenviten stehen immer in der dritten Person. Das liegt daran, dass sie nach dem Tod der Heiligen verfasst werden. Sie werden aus sicherem Abstand und mit Übersicht geschrieben, denn in ihnen soll schließlich ein beispielhaftes Leben anschaulich und für die Nachwelt als Monument erhalten werden. Der Text muss keine Gegenwärtigkeit atmen. Denn alle Fragen sind beantwortet, alle Kämpfe gekämpft, alle Leiden durchlitten. Himmlische Ruhe durchzieht diese Prosa. Sie kennt keine Ekstasen, keine Aufschwünge, aber auch keine Verzweiflungen, keine Abstürze.
Ein katholischer Surrealist der Seele
Wie schreibt man einen großen Roman über Gnade? Der französische Schriftsteller Georges Bernanos hat es mit seinem „Tagebuch eines Landpfarrers“ gezeigt – und dabei zugleich eine Heiligenvita in Echtzeit verfasst. Von Alexander Pschera