Im Schicksalsjahr 1945 war Guardini bereits 60 Jahre alt und wurde aus seinem Allgäuer „Exil“ im winzigen Dörflein Mooshausen zum Wintersemester nach Tübingen berufen. „Neuwerdung“ war das Thema nach der grundstürzenden Zerstörung der zwölf braunen Jahre. Schon in Mooshausen, auf ein Zimmer von wenigen Quadratmetern beschränkt, hatte Guardini um 1943 begonnen, die verheerenden geistigen Vorgänge der Zeit zu beleuchten, um nach dem tiefliegenden Grund der Zerstörung zu fragen. Daraus entstand der Aufsatz „Der Heilbringer in Mythos, Offenbarung und Politik“, 1946 erschienen und in dem neuen Sammelband mit dem lakonischen Titel „1945. Worte zur Neuorientierung“ wieder abgedruckt (III.).
Die Lügen des Vergangenen durchschauen
Er war der Erste, der auf die Pseudo-Religiosität des Nationalsozialismus hinwies: Romano Guardini. Von Professor Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz