Die Revolution beginnt im Himmel: Von Engeln wird Hong Xiuquan hinauf geleitet. Ein alter, bärtiger Mann empfängt ihn und erteilt ihm den Auftrag, die „teuflischen Dämonen“ von der Erde zu vertreiben – diese fibröse Vision eines Dorfschullehrers ist der Anfang des Taiping-Aufstandes. Das Ende sind mindestens 20 Millionen Tote, vielleicht auch 30 oder sogar 50 Millionen, genau weiß das niemand. Sicher ist nur: Es ist die größte Erhebung der Menschheitsgeschichte, ein Aufstand des Glaubens, ein „Heiliger Krieg“. Um ein Haar hätte er die morsche Mandschu-Dynastie hinweggefegt. Zeitweise besetzen die Taiping ein Drittel des chinesischen Territoriums.
Der Traum vom himmlischen Frieden
Christen sind heute in China eine allenfalls geduldete, wenn nicht gar verfolgte Minderheit. Mitte des 19. Jahrhunderts allerdings standen sie kurz davor, die Macht in dem Riesenreich zu übernehmen. Von 1850 an kämpfte eine Gruppe christlich inspirierter Revolutionäre gegen die „dämonischen Tataren“ und war dabei erstaunlich erfolgreich. Ihr religiös-ideologisches Rüstzeug erhielten sie von protestantischen Missionaren, angeführt von einem Erweckungsprediger aus Deutschland Von Martin Herzog