Eigentlich sollte Bob Dylan seit dem vergangenen Jahr in Japan und den USA unterwegs sein – die „Never Ending Tour“, begonnen 1988, muss durch das Coronavirus eine Zwangspause einlegen. Und was macht der Sänger, Musiker, Maler, Dichter und seit 2016 auch Literaturnobelpreisträger unterdessen? Er beschäftigt sich mit der Destillation von Whiskey. Ab Mai dieses Jahres – pünktlich zum 80. Geburtstag – soll das geistige Getränk mit dem vielversprechenden Namen „Heaven’s Door“ erhältlich sein.
Ende der 70er konvertierte er zum Christentum
Und es gab 2020 das vorerst letzte Album mit dem vielschichtigen, einem Song von Jimmie Rogers entlehnten Titel „Rough and Rowdy Ways“, eine Doppel-CD, deren Songs ohne Nostalgie geschichtsphilosophisch zurückblicken auf ein Amerika, das Menschen hervorgebracht hat, die ihren Weg gegen alle Widerstände zu gehen bereit waren
Der 1941 in Duluth (Minnesota) als Robert Allen Zimmermann Geborene hat sich seit seinen Anfängen 1961 immer wieder neu erfunden, und fast immer hat der radikale Wechsel von der einen in die andere Schaffens- und Lebensphase seine Fans verstört.
Den größten Schock versetzt der jüdisch-stämmige Musiker seiner „Gemeinde“ aber interessanterweise mit seiner Konversion zum Christentum im Winter 1978/79. Im christlichen Glauben findet er Kraft und Neuorientierung, er besucht drei Monate lang eine Klosterschule, schließt sich einer protestantischen Glaubensbewegung an, einer Abspaltung von der lutherischen Kirche mit besonderer Betonung alttestamentarischer Texte (deren Lektüre sich schon in den frühen Liedern Bob Dylans niederschlägt) und lässt sich taufen. Die nächsten Platten spiegeln seine innige Hinwendung zum Christentum wider.
Auftritt beim Welt-Eucharistie-Tag
1997 tritt Bob Dylan in Bologna am Welt-Eucharistie-Tag vor 300.000 Zuhörern auf, in Anwesenheit von Johannes Paul II. Der Papst geht auf einen der bekanntesten Songs Dylans ein, „Blowin’ In The Wind“, und sagt: „Sie fragen in diesem Lied, wie viele Straßen ein Mensch entlangwandern muss, um sich als Mensch erkennen zu können. Ich sage Ihnen: nur eine einzige. Der Mensch muss lediglich dem Weg von Jesus Christus folgen, denn dieser ist der Weg der Wahrheit und des Lebens.“ Dylan zeigt sich tief berührt von der Begegnung.
Bob Dylan, der Mystiker, die Sphinx in der Rolle des biblischen Sehers oder des antiken Dichters, wird am 24. Mai 80 Jahre alt. Möge er uns noch lange irritieren! Gerhild Heyder/mee
Gerhild Heyder über Bob Dylan. Lesen Sie den ganzen Text in der kommenden Ausgabe der Tagespost.