Wenn die Abkürzung RKK im Leben von Ennio Morricone etwas bedeutete, dann: Römer, Komponist und Katholik. Trotz seines Engagements in Hollywood und bei übernationalen europäischen Produktionen blieb Morricone Zeit seines Lebens der Ewigen Stadt eng verbunden; hier wurde er am 10. November 1928 geboren, hier besuchte er das Konservatorium von Santa Cecilia. Seine Berühmtheit als Komponist brachte ihm nicht allein die Musik der Italo-Western von Sergio Leone; schon vorher hatte Morricone in der Radio- und Fernsehbranche gearbeitet und den Pop-Hit von Mina Mazzini „Se telefonando“ geschrieben, und ebenso hatte er später mit „Mission“ oder „Cinema Paradiso“ Soundtracks geliefert, die seinen Ruhm verewigten. Morricones spirituelle Seite bleibt dagegen ausgespart. Dass der Mann, der die Musik zu „Spiel mir das Lied vom Tod“ komponierte, auch geistliche Kantanten und eine Papstmesse in seinem Repertoire hatte, wissen nur wenige.
„Ich bin katholisch, ich habe die
Christdemokraten gewählt, aber ich habe Jesus immer
als den ersten Kommunisten angesehen“
Ennio Morricone
„Ich bin katholisch, ich habe die Christdemokraten gewählt, aber ich habe Jesus immer als den ersten Kommunisten angesehen. Ich fühle mich der Seite der Armen verbunden, auch wenn ich ein schönes Haus habe.“ Man darf dieses Zitat nicht im Sinne eines naiven Weltverständnisses deuten, demnach Jesus von den Kommunisten vereinnahmt werden kann; im Gegenteil erinnert es an eine sehr ähnliche Aussage von Giovannino Guareschi, der damit die Redundanz des Kommunismus beschrieb. Morricone weinte, als der italienische König ins Exil geschickt wurde; er betonte, dass Gott ihm beim Komponieren helfe und dass er gläubig sei. Die Filmbranche war mit Regisseuren wie Pier Paolo Pasolini eine linke Sache. Morricone war hier als Konservativer ebenso einzigartig wie seine Musik.
Den Plan zu seiner „Missa Papae Francisci“ fasste der Römer schon unter dem Pontifikat Benedikts XVI., dem der Komponist die Korrektur „liturgischer Fehler“ hoch anrechnete. Zeit seines Lebens äußerte er seine Liebe zur Gregorianik, die er als „vitale und wichtige“ Tradition der Kirche schätzte. Die Liturgie nach dem Zweiten Vatikanum hätte mit Gitarren und weltlicher Musik die Zeit um 500 Jahre „zurückgedreht“. Profane Musik dürfe aber nicht mit religiösen Worten in der Kirche vermischt werden. Einen Posten als Berater am römischen Vikariat lehnte er deswegen ab.
Im Alter von 91 Jahren starb Morricone am 6. Juli in seinem geliebten Rom. Kardinal Ravasi würdigte ihn mit den Worten, dass Gott ihn vielleicht mit einer Partitur für Engelschöre betrauen würde. Musik für die Ewigkeit – buchstäblich.
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