Dezentralisierung ist zu einen Leitwort der Gegenwart geworden. In der Gesellschaft will man keine Regeln mehr „von oben“ haben, es gibt kein verlässliches Zentrum mehr. Der Kunsthistoriker Hans Sedlmayer sprach bereits 1948 vom „Verlust der Mitte“. Längst ist dieses Weltbild zum Kernbegriff der Postmoderne geworden, besonders vertreten durch den französischen Philosophen Jacques Derrida (1930-2004). Die Moderne dagegen hielt noch an Vernunft und Normen fest – letztlich an der Wahrheit eines christlichen Menschenbildes.
Kein Zentrum
Anstatt einem identischen Zentrum, wie es Gott oder die Vernunft sind, behauptet die Postmoderne die Nichtidentität; und das ist wie Derrida sagt, der ganze „Text“ der Welt, der erst durchlaufen werden muss, um einen identischen Sinn zu verstehen – was natürlich nie möglich ist. Gott oder die Vernunft spielen damit als ursprüngliche Bezugspunkte keine Rolle mehr. Ja Gott gründe selbst nur in dieser Nichtidentität der unendlichen Differenzen, die Derrida mit dem Kunstwort „différance“ beschreibt, anders als das französische Wort „difference“. Derrida hatte diese Ideen 1967 in seinem Buch „Die Schrift und die Differenz“ veröffentlicht, die sofort großen Zuspruch in der Studentenbewegung fand. DT/ari
Wieso die Wahrheit in der Postmoderne verloren ging lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost.