Antonio Socci ist seit 2004 Direktor einer von der staatlichen Rundfunkanstalt RAI anerkannten Journalistenschule in Perugia, findet aber auch die Zeit, jährlich mindestens eine Buchveröffentlichung zu meist religiösen Themen vorzulegen und den viel gelesenen Blog „Lo Straniero“ (Der Fremde) zu betreuen. Auch wenn einige seiner Bücher ins Englische und Polnische übersetzt, nicht aber auf Deutsch herausgegeben wurden, ist der 1959 in der Toskana geborene Journalist auch für viele Katholiken zwischen Alpen und Nordsee eine Quelle für „heiße Informationen“ aus dem kirchlichen Raum, wie seine jüngste Einlassung zur Veröffentlichung des Zölibats-Buchs von Kardinal Robert Sarah zeigt. Socci hatte, diesmal auf seiner Facebook-Seite, anhand von anonymen Stimmen aus dem Vatikan über eine direkte und wütende Intervention von Papst Franziskus spekuliert, der angeblich habe verhindern wollen, dass der emeritierte Papst als Co-Autor des Buchs erscheint – was dann sofort auch im deutschsprachigen Raum seine Kreise zog. Viel gelesen wurden auch vor Jahren die Artikel und das Buch Soccis aus dem Jahr 2006 über das dritte Geheimnis Fatima, das immer noch seiner vollständigen Veröffentlichung harre, was ihm prompt ein Gegenbuch des damaligen Kardinalstaatssekretärs Tarcisio Bertone einbrachte.
Socci ist ein Spin-Doktor in eigener Sache – und diese Sache ist nicht das nüchtern Chronistische oder die Recherche in Detailfragen, sondern die Suche nach dem Überbau, nach den übernatürlichen Antworten, was einen Hang zum Transzendenten, zum Mysteriösen und – gerade in jüngerer Zeit – zum Apokalyptischen einschließt. In seinem letzten Buch „Il dio mercato, la Chiesa e l'Anticristo“ (Der Markt als Gott, die Kirche und der Antichrist) ist er keinem Geringerem als dem Antichristen auf der Spur. Die fast mystische Sicht des kirchlichen Zeitgeschehens geben einige Zeilen aus seinem 2016 als Offener Brief an Papst Franziskus erschienenen Buch „La profezia finale“ (Die letzte Prophezeiung) wieder. Er schreibt: „Ich lebe in einem persönlichen und sehr harten Krieg, den ich mit meiner Familie gegen das Böse führe und der uns auf Kalvaria gestellt hat.“
In diesem „Martyrium“, von dem Socci spricht, spiele auch der gegenwärtige Papst eine Rolle: „Unser Gebet wendet sich an Gott, damit er die Kirche und die Welt in das Licht des Stellvertreters Christis zurückführt, besonders in der Dunkelheit der heutigen Zeit. Lieber Papst Franziskus, seien Sie einer der wahren Hirten auf dem Weg Christi, zusammen mit Papst Benedikt, der Sie mit seinem Gebet und seinem Rat unterstützt. Helfen auch Sie der heute verirrten und konfusen Kirche, zu den Wegen ihres Erlösers zurückzufinden.“
Socci ist nicht irgendwer. Gerade weil er an Kritik am Jesuiten-Papst nicht gespart hatte (die Jahre des Synodalen Prozesses und „Amoris laetitia“ lagen gerade erst zurück), antwortete ihm Franziskus, was dann auf dem Blog des Buchautors nachzulesen war. „Lieber Bruder“, beginnt der Papst, und schreibt unter anderem: „Ich habe angefangen, (Ihr Buch) zu lesen, und bin sicher, dass mir viele darin enthaltene Dinge guttun werden. Tatsächlich helfen uns auch die Kritiken, auf den rechten Wegen des Herrn zu gehen.“
Um den Kalvarienberg zu verstehen, von dem aus Socci nach eigenem Empfinden die Dramen in Kirche und Welt verfolgt, muss man eine Episode im Leben Soccis und seiner Frau kennen – was in Italien weitgehend der Fall ist, da sie der bekannte Autor in drei weiteren Büchern verarbeitet hat. Am 12. September 2009 stürzte Caterina, die älteste seiner drei Töchter, in einer studentischen Wohngemeinschaft in Florenz zu Boden. Ein völlig unerwarteter Herzstillstand. Die herbeigerufenen Ärzte setzten immer wieder den Defibrillator an, vergeblich. Sie konnten nur noch den Tod feststellen. Anderthalb Stunden waren vergangen, ein Priester von Comunione e Liberazione hatte die Sterbesakramente erteilt und begann, neben der Leiche den Rosenkranz zu beten. Nach dem zweiten oder dritten Ave Maria fing das Herz von Caterina wieder zu schlagen an, mit aller Kraft. Caterina war ins Leben zurückgekehrt. Später erwachte sie auch aus dem Koma, es begann eine lange Zeit der Rehabilitation. Für Socci und seine Frau ein Wunder, eine Auferstehung von den Toten, wie sie das Evangelium von Lazarus oder der Tochter des Jairus erzählt.
Seither ist Socci in vielen seinen Beiträgen nochmals endzeitlicher geworden. In „La profezia finale“ schreibt er von einer Apokalypse, die Kirche und Welt bedroht, vorhergesagt in den Prophezeiungen von Fatima und eines Don Bosco oder durch Erscheinungen wie denen von der Rue de Bac, Lourdes oder Kibeho. Begonnen hatte Socci seine journalistische Karriere bei den Zeitschriften „Il Sabato“ und „Trenta Giorni“, von 2002 bis 2004 leitete er die Magazin-Sendung „Excalibur“ auf dem zweiten Kanal des Staatssenders RAI und arbeitete schließlich als Leitartikler für die Tageszeitung „Il Giornale“. Inzwischen ist er zum großen Mahner geworden, auch gegenüber Papst Franziskus, dem er abgesehen von lehrmäßigen Irritationen Blauäugigkeit bei der Frage der Migration oder im Dialog mit dem Islam vorwirft.
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