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Legenden um das "Summorum pontificum"

Viele Spekulationen und Panikmache ranken sich das angebliche Einschränken der alten Messe. Besteht berechtigter Grund zur Sorge?
Kundgebung zur Wiederzulassung der "Alten Messe"
Foto: Burkhard Jürgens (KNA) | An den Gerüchten, die römische Kurie könnte das motu proprio 'Summorum Pontificum' antasten, ist wenig dran. 2017, zehn Jahre nach der Wiederzulassung der "alten Messe" durch den damaligen Papst Benedikt XVI.

In der Gerüchteküche der Traditionalisten brodelt es seit Wochen. Die Furcht, die römische Kurie könne das Motu proprio „Summorum pontificum“ antasten, verunsichert viele Gläubige. Es geht immerhin um den Text, den nicht wenige überzeugte Katholiken als Herzstück und wertvollstes Erbe des Pontifikats Benedikts XVI. betrachten. Der emeritierte Papst hatte 2007 mit weitreichenden Erleichterungen für die Feier der alten Messe nicht nur allen Gläubigen den Rücken gestärkt, denen die überlieferte römische Liturgie viel bedeutet, sondern auch die Weichen für eine Reform der Liturgiereform gestellt. Dass der römische Ritus auf Dauer in zwei Formen – der ordentlichen und der außerordentlichen – weiterexistieren kann, wird nicht nur in der Kurie von manchem bezweifelt.

Das Franziskus-Pontifikat ist kein Schaden für die alte Messe

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Doch inzwischen scheinen den Spekulationen keine Grenzen mehr gesetzt zu sein. Die faktische Abschaffung der Einzelzelebration im Petersdom hat viele traditionsverbundene Gläubige in Alarmstimmung versetzt. Manche trauen Papst Franziskus sogar zu, das Dokument seines Vorgängers zu kassieren. Da wird es in der allgemeinen Aufregung fast nebensächlich, dass es keine verlässlichen Quellen für solche steilen Hypothesen gibt.

Die Seminare der Traditionalisten sind voll

Paradoxerweise geht im munteren Spekulieren die wichtigste Erfahrung der Traditionalisten selbst unter. Es ist grundsätzlich falsch, das Pontifikat von Papst Franziskus als Schaden für die Freunde der alten Messe zu verunglimpfen. Im Gegenteil: Die Eccelesia-Dei-Gruppen schauen in fast allen Ortskirchen auf bemerkenswert fruchtbare Jahre zurück (siehe Seite 12). Das Gottesvolk weiß genau, dass es mit den Füßen abstimmen kann – auch wenn der Ortsbischof für „Summorum pontificum“ keine Sympathien hegt. Für eine Schwarze Legende vom Jesuitenpapst, der Traditionalisten pauschal das Leben schwer macht, besteht kein Anlass, auch wenn die allgemeine Verunsicherung im Glauben an den  Freunden der alten Messe natürlich nicht spurlos vorüberzieht. Doch fest steht auch: Die Seminare der Ecclesia-Dei-Gemeinschaften klagen keineswegs über Nachwuchsmangel, die Zahl der Messorte und -besucher steigt kontinuierlich und ihr Zuwachs an jungen Gläubigen ist, von der Warte mancher Novus-Ordo-Gemeinde aus betrachtet, höchst respektabel. Der tiefe Glaube der Tradis bleibt durchaus nicht folgenlos.

Papst Franziskus handelt im Sinne seines Vorgängers

Positiv im Pontifikat von Papst Franziskus fällt das Dekret der Glaubenskongregation aus dem Jahr 2020 auf, mit dem das Messbuch von 1962 um neue Heilige und Präfationen erweitert wurde. Von den Zelebranten der alten Messe hört man viel Lob für diese Maßnahme, die als Ausdruck des organischen Wachstums der römischen Liturgie bewertet wird. Genau das entspricht der Absicht Benedikts XVI., der nie für die Unveränderbarkeit des Messbuchs von 1962 plädierte. Der Umstand, dass Papst Franziskus hier durchaus im Sinne seines Vorgängers gehandelt hat, zwingt zu mehr Zurückhaltung gegenüber dem Gerücht, der Papst wolle angeblich einen Schlussstrich unter „Summorum pontificum“ ziehen. Die albtraumhafte Vorstellung mancher Freunde der alten Messe, durch einen Ukas aus Rom mit einem weltweiten Verbot der alten Messe konfrontiert zu werden, ist eher ein Grund, die aufgeregte Social-Media-Welt mit mehr Distanz zu beobachten.

Selbst wenn der Papst regionale Einschnitte vornehmen sollte, wäre Panik fehl am Platz. Die Erfahrungen seit der Veröffentlichung des Motu proprio zeigen, dass es punktuell bei der Umsetzung von „Summorum pontificum“ Verbesserungsbedarf gibt. Dies zu verschweigen dient dem Ziel, an möglichst vielen Orten die überlieferte Liturgie feiern zu können, nicht. Die Kirche in Deutschland musste das schmerzlich erleben: Das Aus für die zunächst so vielversprechende Trappistenabtei Mariawald ist ein Beispiel dafür, wie enttäuschend das Scheitern traditionalistischer Hoffnungsträger gerade für die Freunde der alten Messe ist.

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