Alles deutete auf ein Kesseltreiben gegen Kardinal Rainer Woelki hin, als der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller gestern öffentlich dessen Rücktritt ins Spiel brachte. Schüllers Ordinarius Felix Genn hatte allerdings nie öffentlich erklärt, dass er als dienstältester Bischof gegen Kardinal Woelki kirchenrechtliche Untersuchungen aufnehmen werde, sondern lediglich erklärt, dass er die Frage prüfen werde. Und da für Kardinale üblicherweise der Papst zuständig ist, greift in Münster kein Automatismus. Das weiß auch Genn.
Theologische Differenzen
Droht die Debatte um die Aufarbeitung sexueller Missbrauchsfälle im Erzbistum Köln endgültig zur Folie für Richtungskämpfe der Kirche in Deutschland auf dem Synodalen Weg zu werden? Theologische Differenzen zwischen Woelki und Schüller liegen seit langem auf der Hand.
Vor diesem Hintergrund war Woelkis Gang in die Offensive die richtige Entscheidung, um der weiteren Politisierung des Falls das Wasser abzugraben Der Papst muss prüfen, ob der Kardinal eine Pflichtverletzung nach kanonischem Recht begangen hat. Damit ist zweierlei sichergestellt: Das Kirchenrecht kann nicht durch mediale Aufregungszyklen gebeugt werden. Andererseits entspricht Woelkis Vorgehen der von Papst Franziskus gewünschten Kultur der Transparenz. Auch für Kardinäle darf es keine rechtlichen Grauzonen geben.
Komplexer Fall
Der Fall des beschuldigten Pfarrers O. ist kompliziert, da der Missbrauchsvorwurf nie bewiesen wurde. Dem Betroffenen wurde aber eine beträchtliche Summe gezahlt. Dem Erzbistum wurde kirchenrechtlich bestätigt, dass der Verdachtsfall des demenzbedingt nicht vernehmungsfähigen hochbetagten Geistlichen nicht obligatorisch nach Rom gemeldet werden musste. Nun ist kirchenrechtliche Sachkompetenz gefragt, keine mediale Schlammschlacht.
Lesen Sie weitere Informationen und Hintergründe zum aktuelle Vertuschungsvorwurf gegen den Erzbischof von Köln in der kommenden Ausgabe der Tagespost.