In vierzehn Sprachen hat der Vatikan am vergangenen Samstag den Aufruf des „Obersten Ausschusses für die menschliche Brüderlichkeit“ an die großen Weltreligionen verbreitet, den 14. Mai als Tag des Gebets und des Fastens für die Überwindung der Corona-Pandemie zu begehen. Dieser „Oberste Ausschuss“ hat sich unter starker Beteiligung von Vertretern des sunnitischen Islam gebildet, nachdem Papst Franziskus und Großimam Al-Tayyib von der Al-Azhar-Universität in Kairo, der höchsten religiösen Autorität der Sunniten, am 4. Februar 2019 in Abu Dhabi das „Dokument über die Geschwisterlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt“ unterzeichnet hatten.
Angehörige aller Weltreligionen sollen zusammen beten
Am vergangenen Sonntag hat Franziskus nach dem Gebet des „Regina coeli“ in der Bibliothek des Apostolischen Palasts die katholischen Gläubigen gebeten, sich an diesem Gebetstag zu beteiligen. An diesem Tag sollten die Angehörige aller Weltreligionen zusammen beten, fasten und sich Werken der Nächstenliebe widmen. „Weil das Gebet ein universeller Wert ist, habe ich den Vorschlag des Obersten Ausschusses für die menschliche Brüderlichkeit aufgegriffen“.
Selten kommt es vor, dass der Vatikan einen Gebetsaufruf in vierzehn Sprachen verbreitet, auch auf Chinesisch, Afghanisch, Türkisch und in Urdu war er zu lesen – und natürlich auf Arabisch. In seiner deutschen Fassung war zu lesen: Jeder Mensch werde da, wo er sich befinde, „und je nach seiner Religion, seinem Glauben und seiner Konfession“ dazu aufgefordert, sich betend und fastend an Gott zu wenden, damit er diese Seuche beseitigt, uns aus diesem Verhängnis rettet, „die Wissenschaftler inspiriert, ein heilendes Medikament zu entdecken, und damit Er der Welt dazu verhilft, die gesundheitlichen, wirtschaftlichen und menschlichen Auswirkungen dieser weitverbreiteten gefährlichen Pandemie zu überwinden.“
Alles hehre Ziele. Doch wer ist dieser „Oberste Ausschusses für die menschliche Brüderlichkeit“? Eine neue Art von interreligiösen Vereinten Nationen, mit dem Vatikan als Mitglied, der sich beeilt, die Aufrufe dieses Ausschusses in der Welt zu verbreiten?
Erklärung von Abu Dhabi war Herzensanliegen von Franziskus
Nun war jedem der letzten Päpste der Dialog mit friedliebenden Muslimen wichtig und die Erklärung von Abu Dhabi ein Herzensanliegen von Franziskus. Der Oberste Ausschuss trat zum ersten Mal im September 2019 in Santa Marta zusammen. Der Papst war dabei, den Vatikan vertraten Miguel Angel Ayuso Guixot, der inzwischen zum Kardinal erhobene Präsident des Rats für den interreligiösen Dialog, sowie Monsignor Yoannis Lahzi Gaid, der Kopte und zweite Sondersekretär des Papstes. Dazu zwei Vertreter der Al-Azhar-Universität und drei der Vereinigten Arabischen Emirate, die die Unterzeichnung der Erklärung von Abu Dhabi in ihrer Hauptstadt beherbergt hatten.
Der kommende Donnerstag, 14. Mai, ist ein normaler Arbeitstag. Warum es dann nicht mit Beten, Fasten und Werken der Barmherzigkeit versuchen, den drei frommen Gesten, die der Prophet den Anhängern Allahs aufgetragen hat? Ein merkwürdiges Gefühl bleibt schon. Katholiken habe ihre Formen der Verehrung Gottes. Diese sollte der Vatikan fördern, und nicht den Geist von Abu Dhabi, so wichtig der Dialog mit friedliebenden Muslims auch sein mag.
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