Bonn

DBK: Klimawandel, aber kein Kurswechsel

Der Münchner Kardinal Marx kandidiert nicht mehr für den Vorsitz der Bischöfe und nimmt seinen Nachfolger schon jetzt in die Dialogpflicht.
Nach dem Rückzug von Kardinal Reinhard Marx
Foto: Federico Gambarini (dpa) | Entschieden wandte sich Marx gegen den Gedanken, das Schreiben des Papstes als endgültige Entscheidung in puncto Weiheamt für Frauen und Zölibat zu bewerten.

Im Vatikan blickt man mit Unmut auf die einseitige Debatte über die Lockerung des Zölibats in manchen Ortskirchen. "Der Papst  hat sich geärgert", sagte der  scheidende Vorsitzende der deutschen Bischöfe, Kardinal Reinhard Marx, am Mittwoch in Bonn bei der Vorstellung des Nachsynodalen Apostolischen Schreibens Querida Amazonia. Das breite Themenspektrum der Amazonassynode ist nach Darstellung des Münchner Erzbischofs in den letzten Monaten reduziert worden auf die Zölibats- und Ämterfrage. Amazonien sei zudem "benutzt worden, um andere Themen voranzubringen, die so nicht dazugehören".
Zu den öffentlichen Befürwortern einer Lockerung des Zölibats gehören mehrere deutsche Bischöfe, darunter Bischof Franz-Josef Overbeck (Essen), Bischof Heiner Wilmer (Hildesheim) und Bischof Franz-Josef Bode. Die Druckkulisse bei der ersten Synodalversammlung war bemerkenswert: Die Mehrheit der Synodalisten sieht die geltende Regelung kritisch.

Marx: Kein Rückzug "aus Frust"

Kardinal Marx musste sich am Mittwoch der Frage stellen, ob er seinen Rückzug "aus Frust" angekündigt habe. Das Nein kam mit Vehemenz: Dass der Vorsitzende bei der Frühjahrsvollversammlung Anfang März nicht mehr kandidiert, will er nicht als Reaktion auf die Entscheidung des Papstes verstanden wissen, die Tür nicht für verheiratete Priester und Diakoninnen zu öffnen. Er, Marx, habe dies bereits im Vorjahr beschlossen. Auch habe er erst am Dienstagabend einen Blick in das Dokument werfen können. Mit Nachdruck wies der Kardinal Spekulationen, er werde eine Aufgabe an der römischen Kurie übernehmen, als "völlig aus der Luft gegriffen" zurück.  Er wolle sich nach dem Ende seiner Amtszeit als Vorsitzender intensiver seinen Aufgaben im Erzbistum München-Freising widmen.

Entschieden wandte sich Marx gegen den Gedanken, das Schreiben des Papstes als endgültige Entscheidung in puncto Weiheamt für Frauen und Zölibat zu bewerten. "Die Tür ist nicht zu", erklärte der Kardinal. Die Diskussion werde weitergehen. Dem widerspricht der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller: Im Online-Magazin "Kirche und Leben" äußert er, dass damit "auch die Diakonninen-Frage entschieden sei, weil Franziskus generell die Weihe als wesensfremd für die Frau erklärt".

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Deutsche Priester im Amazonasgebiet: unwahrscheinlich

Mit dieser Einschätzung steht Schüller nicht allein da. Zudem ermutigt der Papst zum Perspektivwechsel: "Die Frauen leisten ihren Beitrag zur Kirche auf ihre eigene Weise und indem sie die Kraft und Zärtlichkeit der Mutter Maria weitergeben." Auf die Frage, ob angesichts dieser Aussage eine marianische Wende notwendig sei, um Enttäuschungen bei jenen zu vermeiden, die derzeit in Deutschland in eine andere Richtung denken, antwortete Marx: "Eine marianische Wende und die Frage nach der Berufung moderner Frauen wird eine Diskussion sein, bis der Herr wiederkommt."  Dass deutsche Priester ins Amazonasgebiet entsendet werden, ist unwahrscheinlich. Marx bezieht die Anregung des Papstes auf die lateinamerikanischen Ortskirchen, da diese den Menschen in der Amazonasregion kulturell näherstünden.

Bis zur Wahl des neuen Vorsitzenden bleiben den deutschen Bischöfen keine drei Wochen. Per Tweet aus dem Spiel genommen hat sich der Osnabrücker Oberhirte Franz-Josef Bode. Der 68-Jährige ist älter als Marx und polarisiert wie kaum ein zweiter deutscher Bischof. Kontinuität mit der Marx schen Linie verspricht indirekt Essens Bischof Franz-Josef Overbeck. Er "hätte den Gemeinden in Amazonien gewünscht, dass Papst Franziskus den Beschlüssen der Amazonas-Synode gefolgt wäre und   als regionale Lösung   bewährten verheirateten Männern aus dem Amazonasraum auf dem Dispens-Weg den Zugang zur Priesterweihe ermöglicht hätte", sagte er am Mittwoch. Demzufolge müsste die Debatte weitergehen. Aussichtsreiche Kandidaten sind der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf und der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer. Beide stehen für einen Generationenwechsel. Nach der durch einen robusten Umgangston und äußerst autoritären Führungsstil geprägten Ära Marx erhoffen sich viele Bischöfe einen Klimawandel. Ein Kurswechsel scheint unrealistisch.

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