In der Weihnachtszeit hört man in vielen kanadischen Kirchen den „Huron Carol“, ein populäres kanadisches Weihnachtslied, das der Jesuiten-Missionar Jean de Brébeuf um 1642 in Wyandot, der Sprache der huronischen Ureinwohner von Ontario, verfasste. Die Huronen gehörten zur Ethnie der Irokesen, hatten sich jedoch bereits vor Ankunft der Europäer von diesen abgespalten, mit Algonkin-Völkern verbündet und eine eigene Konföderation gebildet, die in Rivalität zur mächtigen Irokesen-Liga stand, mit der sie sich im permanenten Kriegszustand befand. Als die Franzosen nach ihrer Ankunft zu Beginn des 17. Jahrhunderts den Huronen eine privilegierte Stellung im lukrativen Pelzhandel einräumten, wurden sie in den Konflikt hineingezogen, und die Irokesen wurden zu erbitterten Feinden auch der Franzosen und verbündeten sich mit den Engländern. Dies ist der historische Hintergrund des Martyriums von Jean de Brébeuf, der von Irokesen am Marterpfahl grausam zu Tode gefoltert wurde, sowie von fünf weiteren Jesuiten und zwei katholischen Laien, die als „Kanadische Märtyrer“ heute die Schutzpatrone von Kanada sind. Ihr gemeinsamer Gedenktag ist der 19. Oktober.
Jean de Brébeuf wurde am 25. März 1593 in der Normandie geboren und trat mit 24 Jahren in die Gesellschaft Jesu ein. Bereits während seines Studiums in Rouen zeigte er eine besondere Sprachbegabung. 1622 empfing er in Pontoise bei Paris die Priesterweihe.
1608 hatten die Franzosen im Norden des amerikanischen Kontinents die Stadt Quebec als Stützpunkt für die Kolonialisierung gegründet. Diese wurde besonders von Kardinal Richelieu, dem damaligen französischen Premierminister, gefördert, unter anderem durch die Entsendung von Missionaren. So kam auch Jean Brébeuf in das damalige „Neufrankreich“, wo er ab 1626 in der Mission unter den Huronen, einem sesshaften Indianervolk, das von Landwirtschaft lebte, tätig war. Bereits 1629 musste er jedoch zusammen mit den anderen Missionaren aufgrund von Konflikten mit der englischen Kolonialmacht, die ebenfalls Anspruch auf dieses Gebiet erhob, nach Frankreich zurückkehren, wo er im folgenden Jahr seine ewigen Gelübde als Jesuit ablegte. 1633 kehrte er nach Neufrankreich zurück, wo er für den Rest seines Lebens blieb.
Jean de Brébeufs Missionserfolge unter den Huronen waren gering. Es gab nur vereinzelte Konvertiten und seine Taufen beschränkten sich größtenteils auf Kinder, die kurz vor dem Tod standen. Es gelang ihm jedoch, die Grundlagen für spätere Missionare zu legen, da er sich eingehend mit der Sprache der Huronen befasste. Er erstellte das erste Wörterbuch der huronischen Sprache Wyandot, in die er auch den Katechismus übersetzte. Er verfasste Lyrik und Gebete in Wyandot, darunter das Weihnachtslied „Jesous Ahatonhia“ („Jesus ist geboren“), das in englischer Übersetzung später zum „Huron Carol“ wurde.
Die Irokesen gerieten in dieser Zeit immer mehr in Bedrängnis, da sie ihre Jagdgebiete für den Pelzhandel überjagt hatten und gezwungen waren, durch Handel oder Krieg an die beliebten Pelze zu kommen. So griffen sie vermehrt huronische Dörfer an, um diese zu unterwerfen. Am 16. März 1649 überfielen sie die Missionsstation „St. Ignace“, brannten diese nieder und nahmen Jean de Brébeuf zusammen mit einem weiteren Jesuiten und einigen huronischen Konvertiten gefangen. Sie wurden in ein von den Irokesen besetztes Dorf geführt und dort an Marterpfähle gebunden, wo sie grausam zu Tode gefoltert wurden, indem man sie unter anderem mit kochendem Wasser übergoss, als verhöhnende Nachahmung der Taufe, und ihnen bei lebendigem Leib Fleischstücke und das Herz herausschnitt, um diese zu essen. Der Tod am Marterpfahl war ein Ritualmord, durch den man sich erhoffte, die Kräfte der ermordeten Feinde auf sich selbst zu übertragen.
Die sterblichen Überreste von Jean de Brébeuf und den übrigen Kanadischen Märtyrern, die 1925 von Papst Pius XI. selig- und fünf Jahre später heiliggesprochen wurden, ruhen heute im „Martyrs' Shrine“ in Midland, Ontario.
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