Die derzeit grassierende COVID-19-Pandemie ist eine der durch Viren verursachten Seuchen, die die Menschheit im Laufe der Geschichte häufig, wenngleich lokal stärker begrenzt, heimgesucht haben. Besonders hartnäckig verbreitete sich immer wieder das Pockenvirus, das erst seit 1980 als ausgerottet gilt. Pockenepidemien sind bereits im Alten Testament belegt. Unzählige Menschen sind daran gestorben, haben bleibende Schäden davongetragen oder wurden durch Pockennarben entstellt. Zu den überlebenden Opfern einer Pockenepidemie gehört auch die 2012 heiliggesprochene Kateri Tekakwitha, deren Gedenktag die Kirche am 17. April feiert. Sie war die erste Angehörige eines nordamerikanischen Indianerstamms, die zur Ehre der Altäre erhoben wurde.
Als Vierjährige vom Pockenvirus befallen
Tekakwitha wurde 1656 in Ossernenon – heute Auriesville im Bundesstaat New York – geboren; ihr Vater war ein Häuptling der Mohawk-Indianer. Einige der indianischen Ureinwohner, darunter auch Tekakwithas Mutter vom Stamm der Algokin, waren bereits von französischen Jesuiten getauft worden, die als Missionare gekommen waren. Sie brachten jedoch nicht nur das Evangelium mit, sondern schleppten – ebenso wie andere Europäer – unbewusst auch Krankheiten in die Neue Welt ein. So kam es 1660 unter den Mohawk zu einer Pockenepidemie, an der zahlreiche Menschen starben, darunter auch Tekakwithas Eltern. Die Vierjährige wurde ebenfalls vom Pockenvirus befallen. Sie überlebte, hatte aber zeitlebens das Gesicht voller Pockennarben und erlitt Schäden an den Augen, so dass sie fast blind war.
Tekakwitha wuchs bei einem Bruder ihres Vaters auf und wurde im Geist der animistischen Religion der Mohawk erzogen. Sie besuchte keine Schule, sondern trug von Kindheit an zum Lebensunterhalt der Familie bei, indem sie Utensilien aus Wurzeln und Baumrinden, später auch Taschen aus Leder fertigte. Die Irokesenstämme, zu denen die Mohawk gehören, kämpften zu dieser Zeit erbittert gegen französische Truppen, die im Begriff waren, einen großen Teil der späteren Vereinigten Staaten und Kanadas zu erobern. 1666 wurde das Dorf, in dem Tekawitha mit ihrer Familie lebte, niedergebrannt. Die Mohawk errichteten daraufhin etwas weiter westlich, im heutigen kanadischen Staatsgebiet, eine neue Siedlung, in der sich auch französische Jesuiten als Missionare niederließen. Einige Mohawk ließen sich taufen, und auch Tekakwitha hatte diesen Wunsch, dem sich jedoch ihre Familie widersetzte. Trotzdem fasste sie den Entschluss, nicht zu heiraten und ihr Leben Christus zu weihen. Als ihr Onkel eine Verlobungsfeier mit einem jungen Mann arrangierte, wies sie diesen vor der versammelten Dorfgemeinschaft zurück und floh aus der Hütte, wo der Verlobungsritus stattfinden sollte.
Mit 20 Jahren wurde Tekakwitha getauft
Mit 20 Jahren wurde Tekakwitha getauft und erhielt den Namen Kateri, eine indianische Form des Namens „Katharina“. Um sich dem Zorn ihres Onkels zu entziehen, floh sie 1677 mit Hilfe der Jesuiten nach Kahnawake bei Montreal, wo bereits andere getaufte Ureinwohner siedelten. Hier empfing sie die Erstkommunion und wurde in eine katholische Laiengemeinschaft aufgenommen. Kateri führte ein Leben in strenger Askese, zu dessen Mittelpunkt die Eucharistie wurde. Um bei der Kapelle bleiben zu können, verzichtete sie sogar darauf, zusammen mit ihren Stammesgenossen hinter den Tierherden herzuziehen, die im Winter die einzige Nahrungsquelle darstellten, auch wenn sie dadurch Hunger leiden musste. Am 25. März 1679 legte sie ein privates Gelübde der Ehelosigkeit ab. Ihr größter Wunsch war es, einen Schwesternorden für indianische Frauen zu gründen, was sie jedoch nicht verwirklichen konnte, da sie gegen Ende des Jahres 1680 schwerkrank wurde. Sie verstarb am 17. April 1681 mit nur 24 Jahren. Ihre sterblichen Überreste, an denen auf wundersame Weise alle Pockennarben verschwunden sein sollen, ruhen bis heute im Reservat der Mohawk in Kahnawake.
Papst Franziskus erwähnte Kateri Tekakwitha im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben „Christus vivit“ unter den „jungen Heiligen“, die besonders Jugendlichen als Glaubensvorbild dienen können.
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